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Gesundheit: „Die TU ist einzigartig“

Grabenkrieg hinter den Kulissen: Die Berliner Universitäten streiten sich um ihren Anteil an der Sparsumme

Bis zum 15. Oktober, dem Tag der endgültigen Unterzeichnung der Hochschulverträge, muss geklärt werden, wie die Sparauflage von 75 Millionen Euro von den drei großen Universitäten aufgebracht werden soll. Trotz öffentlicher Bekundungen der Universitätspräsidenten, wie sehr man sich um eine einvernehmliche Lösung bemühe, ist hinter den Kulissen ein Grabenkrieg ausgebrochen. Denn jede Universität muss etwa 80 Professuren einsparen; und an jeder Professur hängen drei bis vier Mitarbeiterstellen.

Das allein würde schon für genügend Konfliktstoff sorgen. Hinzu kommt jedoch die in Berlin gewollte Akzentverlagerung von den Universitäten zu den Fachhochschulen. Die Universitäten müssen in einen Fachhochschulstrukturfonds Geld einzahlen, damit mehr Studienplätze an den Fachhochschulen eingerichtet werden können. Der Wissenschaftsrat hat für den Ausbau der Fachhochschulen sogar völlig neue Studiengänge empfohlen: Ein Teil der Juristenausbildung und der Lehrerausbildung wäre an den Fachhochschulen besser aufgehoben als an den Universitäten. Würde man diese Empfehlung in Berlin anwenden, so müssten die Freie Universität und die Humboldt-Universität die größten Opfer bringen. Würden dagegen nur Studiengänge von den Universitäten auf die Fachhochschulen verlagert, die dort bereits vorhandene Ausbildungsgänge verstärken, dann müsste die Technische Universität das Hauptopfer bringen mit Teilen der Ingenieurausbildung, der Wirtschaftswissenschaft und der Berufschullehrerausbildung.

Vor diesem Hintergrund haben die Humboldt-Universität und die Freie Universität ihre gemeinsame Interessenlage erkannt und wenden sich gegen einen „Alleinstellungsanspruch“ der Technischen Universität. Die Technische Universität machte gestern erneut geltend, dass sie unter den Universitäten in Berlin mit dem Angebot der Ingenieurwissenschaften und der Berufsschullehrerausbildung für die technischen Berufe einzig dastehe, während die Humboldt-Universität und Freie Universität viele Doppelangebote in den Studiengängen aufwiesen. Dieses Argument lassen die Freie Universität und die HU nicht gelten, weil beide Unis ihr Fächerangebot immer stärker aufeinander abstimmen. Daher gehen die beiden Universitäten in der Sparpolitik gemeinsam vor und hoffen immer noch, dass die TU sich dieser Abstimmung anschließen wird.

Humboldt-Universität und Freie Universität stellen jedoch eine Bedingung für diese Abstimmung: Die Sparsumme von 75 Millionen Euro soll so aufgeteilt werden, dass 22 Millionen auf die Humboldt-Universität entfallen, 25 Millionen auf die Freie Universität und 27 Millionen Euro auf die Technische Universität. Das will die Technische Universität auf keinen Fall akzeptieren. Wenn die Technische Universität 27 Millionen Euro streichen müsse, dann hätte sie statt heute 335 Professuren nur noch 260. Von ihren 17 300 Studienplätzen müsste sie 4000 aufgeben. Da 80 Prozent der Diplom-Studiengänge an der TU in Berlin einmalig seien, so Präsident Kutzler, bedeute eine derartige Streichung, dass Kernbereiche wie die Ingenieur- und Naturwissenschaften in Mitleidenschaft gezogen würden.

Selbst in den Naturwissenschaften dürfe nicht gestrichen werden, da Physik, Chemie und Mathematik an der TU durch ihren hohen Servicebeitrag zur Ausbildung der Ingenieure stark belastet seien. Wenn man die in Berlin einzigartige Berufsschullehrerbildung an der TU erhalten wolle, müsse man auch ein Fächerangebot in anderen Lehrerstudiengängen aufrecht erhalten. Auf die Geisteswissenschaften zu verzichten, die an der Technischen Universität nur acht Prozent des Fächerangebots ausmachten, sei undenkbar, erklärte Präsident Kutzler, denn die Geisteswissenschaften seien an der TU brillant.

Uwe Schlicht

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