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Gesundheit: Druck und Gegendruck

Senator Flierl besinnt sich: Die Universitäten können nur 50 Millionen sparen. Die Humboldt-Uni müsste auch dann Fächer abwickeln

Vor der entscheidenden Sitzung des Berliner Senats am 24. Juni liegen die Vorstellungen über den Sparbeitrag der Berliner Universitäten weit auseinander. Während Finanzsenator Thilo Sarrazin nach wie vor einen Sparbeitrag in Höhe von 200 Millionen Euro erwartet, vertritt Wissenschaftssenator Thomas Flierl die Ansicht, dass den Universitäten eine höhere Sparsumme als 50 Millionen Euro nicht zuzumuten ist. Von seiner früheren Vorstellung, dass von den Universitäten 100 Millionen Euro erbracht werden könnten, ist der Wissenschaftssenator bei der internen Sparklausur des Berliner Senats abgerückt. Denn unter diesen Bedingungen könnten keine frei werdenden Stellen mehr wieder besetzt werden, was zu enormen Verzerrungen im Lehr- und Forschungsbereich führen würde und vor allem auf Kosten des wissenschaftlichen Nachwuchses ginge.

Ob nun 50 Millionen oder 100 Millionen Euro von den Universitäten als Sparbeitrag in den Jahren 2006 bis 2009 verlangt werden – diese Summe ist nur ein Teil der wirklichen Belastung. Auf jeden Fall kommen 76 Millionen Euro hinzu. Die Hochschulen müssen für die Tarifsteigerungen und die Versorgung ihrer pensionierten Beamten selbst aufkommen. Es entstehen 40 Millionen Euro an Versorgungslasten, rechnete Flierl vor. Bei den Tariferhöhungen sei mit 48 Millionen Euro zu rechnen und die Gelder, die schon jetzt die Universitäten an die Fachhochschulen für den Aufbau von Studienplätzen abführen müssen, addierten sich zu 13 Millionen Euro. Dass es dennoch nur 76 Millionen Euro an Zusatzbelastungen gibt, liegt an voraussichtlichen Kostendämpfungen bei Beihilfen und Tarifen und einem Fortfall oder einer Reduzierung des Weihnachtsgeldes.

Vor dem Akademischen Senat der Humboldt-Universität begrüßte gestern Präsident Jürgen Mlynek die Ansicht des Wissenschaftssenators, dass nicht 100 Millionen von den Universitäten eingespart werden könnten. Außerdem bewertete Mlynek die Aussagen des Regierenden Bürgermeisters als positiv, dass an 85 000 Studienplätzen in Berlin festgehalten werden solle und die Hochschulen Planungssicherheit über einen längeren Zeitraum bekommen müssten. Es sei jedoch völlig unklar, wie die 85 000 Studienplätze finanziert und wie viele aus Kostengründen von den Universitäten an die Fachhochschulen verlagert werden. Eine Arbeitsgruppe von Experten aus der Wissenschaftsverwaltung und der Finanzverwaltung soll bis zum 24. Juni diese Fragen klären. „Angesichts der weiterhin herrschenden Unklarheit sehen wir uns nicht in der Lage, langfristig finanzwirksame Bindungen einzugehen“, sagte Mlynek. Deswegen müsse der öffentliche Druck auf die Politiker weiter aufrechterhalten werden.

Vizepräsident Heinz-Elmar Tenorth kündigte an, dass der Wissenschaftssenator den Beschluss der Uni, vom Wintersemester an keine neuen Studenten mehr aufzunehmen, als rechtswidrig aufheben werde. In diesem Falle sehe sich die Humboldt-Universität gezwungen, wie die FU und die TU einen flächendeckenden Numerus clausus zu beschließen. Der Numerus clausus werde viel schärfer ausfallen, als die bisher schon bestehenden Zulassungsbeschränkungen. Mit anderen Worten: Der Notendurchschnitt im Abitur, den ein Studienbewerber erbringen muss, wird noch höher und die Zahl der Studenten wird gesenkt.

Außerdem bereitet sich die Humboldt-Universität auf einschneidende Maßnahmen vor, weil selbst eine Sparauflage von 50 Millionen plus 76 Millionen Euro „den Handlungsspielraum entscheidend einschränken wird“, wie Mlynek sagte. Wenn das Land Berlin seine Kürzungsabsichten nicht ändere, werde die HU wahrscheinlich das bisherige Fächerspektrum nicht weiterführen können. „Dabei kann auch die ausschließliche Vertretung eines Faches an der HU nicht dazu führen, dass dessen Bestand nicht hinterfragt wird.“ In erster Linie sollten die Fächer fortgeführt werden, die in der Lage seien, „ihre Zukunft innovativ zu gestalten“, die national und international ein Profil besäßen und von den Studenten besonders nachgefragt seien.

Uwe Schlicht

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