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Gesundheit: Ein Vorbild für den Westen

St. Petersburg wird 300 Jahre alt. Ein riesiges Stadtmodell zeigt jetzt den Berlinern die Schönheit der Stadt

Leningrad heißt wieder St. Petersburg und ist wie zu Zeiten seiner Gründung vor 300 Jahren erneut Russlands Fenster zum Westen. Die Stadt, die einst von Peter dem Großen als Kunstprodukt erdacht worden war, ist heute ein viel bewundertes Architekturensemble. Grund genug, anlässlich der Berlinpräsentation von St. Petersburg über Probleme der Stadtgestaltung nachzudenken.

Zu Zeiten des Kommunismus war die Sowjetunion stolz auf die sozialistische Umgestaltung ihrer großen Städte. Die großen Magistralen als Aufmarschstraßen für Massendemonstrationen am 1. Mai und zum Gedenken an die Oktoberrevolution von 1917 führte auf weite Plätze, auf deren Tribünen die Nomenklatura die Massenparaden abnahm. Nicht aber in St. Petersburg. Dort ist der historische Stadtkern, der vom Mariinskytheater im Westen bis zu den Akademie- und Universitätsgebäuden an der Newa im Norden reicht, das Winterpalais sowie auch die Blut- oder Auferstehungskirche im Zwiebelturmstil umfasst, von der sozialistischen Umgestaltung verschont geblieben. Die Plattenbauten sind an die Peripherie verbannt worden. Heute sind die St. Petersburger, an ihrer Spitze Staatspräsident Putin, stolz darauf, dass diese Stadt im Kern so erhalten geblieben ist, wie sie Peter der Große im 18. Jahrhundert geplant hatte. Dennoch ist der historische Stadtkern, der wesentlich von italienischen und deutschen Baumeistern geprägt wurde, kein Architekturmuseum, sondern ein von den Einwohnern und den Touristen durchfluteter Stadtraum.

Als sich jetzt auf Einladung des Rotary-Clubs Berlin-Alexanderplatz die Stadt St. Petersburg zur Vorbereitung des 300-jährigen Jubiläums im kommenden Jahr in Berlin präsentierte, zeigte es die ganze Schönheit der Stadt in einem riesigen Modell, das noch zwei Wochen lang im Foyer des Daimler-Chrysler-Gebäudes ausgestellt ist. Wer St. Petersburg kennt, kann nach diesem Modell jede Straße durchwandern und wird sich an unvergessliche Bilder erinnern.

Die St. Petersburger Stadtplaner von heute sind bescheiden: Jede Ambition, auch in St. Petersburg Schlafstädte für die Massen nach westlichem Vorbild zu errichten, weisen sie weit von sich. Das berichtete der verantwortliche Stadtplaner, Waleriy Yegi auf einer Podiumsdiskussion im DaimlerChrysler-Gebäude. Die Stadtplaner sind froh, dass der gebürtige Petersburger Wladimir Putin durch Gesetze die Traufhöhe für den Kernbezirk auf das alte Maß des Winterpalais festgelegt hat und kein modernes Hochhaus die Silhouette zerstören soll. Zurzeit ist die ganze Innenstadt eine große Baustelle, weil St. Petersburg nach der großen Rekonstruktion der Fassaden im Jubiläumsjahr glänzen soll.

Wie fällt der Vergleich von Berlin mit St. Petersburg aus? Der für die Berliner Stadtplanung verantwortliche Senatsbaudirektor Hans Stimmann bezeichnete das wesentlich ältere Berlin als eine der kaputtesten Städte Deutschlands, weil fast nichts mehr an das ursprüngliche Berlin und Cölln aus dem 13. Jahrhundert erinnert. Es gebe heute nur noch ein einziges Gebäude aus der Renaissance in der Breiten Straße in Mitte. Stimmann erteilte aller radikalen Stadtplanung durch Architekten eine Absage: Dabei kämen nur „unbewohnbare Städte“ heraus, „in denen keiner leben will, am wenigsten die Architekten, die sie entworfen haben”.

Der Petersburger Stadtplaner Yegi bezeichnete es als Chance für die zu spät gekommenen Architekten Russlands, dass sie aus den Fehlern des Sozialismus und der westlichen Stadtveränderung lernen könnten. Der Unternehmer Heinrich Kraft sagte, wenn Europa seine schönen alten Städte erhalten wolle, müssten sich ihre Bewohner auch mit den alten Städten identifizieren können. Dazu reiche eine Altstadt als Architekturmuseum nicht aus. Das Leben komme heute in alte Städte zurück, wenn sie zugleich Einkaufszentren seien, aber nicht mehr geprägt von großen Warenhäusern wie in der Nachkriegszeit, sondern von Erlebnisstraßen, wie sie im Leipziger Hauptbahnhof oder den Arkaden am Potsdamer Platz entstanden seien. Diese Idee könne man auch behutsam in Altstädten verwirklichen. Uwe Schlicht

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