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Gesundheit: „Eine Revolution anzetteln“

Unternehmen fordern Milliarden für Bildung: Es drohe ein Schreckensszenario

Deutschland muss 25 Prozent mehr für Bildung ausgeben, um im internationalen Wettbewerb auch in Zukunft bestehen zu können. Das ist das Fazit der Studie „Bildung neu denken!“, die im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) von der Prognos AG und dem Berliner Erziehungswissenschaftler Dieter Lenzen erarbeitet wurde. Dem vbw gehören 80 Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und über 30 Einzelunternehmen an. Mit der Studie, deren erster Teil mit inhaltlichen Empfehlungen zur Bildungsreform im vergangenen Jahr vorgestellt wurde, wolle die Wirtschaft „eine Revolution anzetteln“, sagte Randolf Rodenstock, der Präsident der vbw, am Donnerstag in Berlin. Zurzeit erlebe Deutschland „die Folgen des Staatsversagens in Bildungsfragen.“

Bislang gibt Deutschland 1,5 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Bildung aus. Damit liegt es im Vergleich mit 29 OECD-Ländern unter dem Durchschnitt auf Platz 18. Das ist aus Sicht des vbw angesichts des Bevölkerungsrückgangs und des scharfen globalen Wettbewerbs aber viel zu wenig. Würde Deutschland jährlich 26,7 Milliarden Euro mehr investieren, könnte es den Anteil am Bruttoinlandsprodukt auf 6,8 Prozent steigern – sehr zum Nutzen der wirtschaftlichen Entwicklung, wie Rodenstock hervorhob: „Bildung ist die entscheidende Stellschraube für Wohlstand in unserem Land.“ Immerhin gehörten die besten sieben Pisa-Nationen zu den Top Ten beim Wirtschaftswachstum.

Woher soll das krisengeschüttelte Deutschland so viel Geld nehmen? Zunächst ist die Summe gar nicht so gigantisch, legt man sie auf alle Einwohner um, sagte Rodenstock. Jeder müsste im Monat nur 33 Euro abgeben. Doch das ist nicht der Vorschlag der bayerischen Wirtschaft. Das Land investiere bislang zu viel in das Falsche: Sechsmal mehr Geld werde für Soziales als für Bildung ausgegeben, rechnete Rodenstock vor. „Dabei ist Bildung der sicherste Schutz vor sozialen Schieflagen.“ 150 Milliarden Euro gebe Deutschland jährlich für Subventionen aus. Rodenstock schlägt vor, diese Summe in drei Jahren zu halbieren. Außerdem seien dem Staat 60 Jahre lang immer neue Aufgaben aufgebürdet worden, viele davon könnten privaten Einrichtungen übertragen werden, etwa der Straßenbau und das Betreiben der Autobahnen. Rodenstock ist überzeugt: „Würden wir all das machen, könnten wir nicht nur die Neuverschuldung auf Null setzen, sondern auch noch locker das Geld für die Bildung aufbringen.“

Aus Sicht der bayerischen Wirtschaft muss mit den zusätzlichen Mitteln dringend die Qualität der Bildung verbessert werden. 30 Prozent der Studierenden brechen ihr Studium ab, kritisierte Rodenstock, und nur 19 Prozent eines Jahrgangs sind Akademiker (im OECD-Schnitt 26 Prozent). Außerdem müssten breitere Schichten an der Bildung beteiligt werden. „In über 35 Jahren ist der Anteil der Arbeiterkinder nur um ein Prozent gestiegen“, sagte Lenzen.

Der größte Teil der zusätzlichen Investitionen, rund 12 Milliarden Euro, würde in die Bildungsphase zwischen dem vierten und dem 14. Lebensjahr fließen, davon 3,2 Milliarden Euro in die Ganztagsschule. Weitere Kosten entstünden, um die Betreuung etwa an den Universitäten zu verbessern. Die Lehrmittel für die Oberstufe hätten die Familien selbst zu bezahlen. Jedoch würden ihnen die Kita-Gebühren erlassen.

Und wenn Deutschland nicht umsteuert? „Dann wird sich das erschreckende Szenario im Bildungsbereich noch verschlimmern“, sagte Rodenstock. Genau das sei aber zu befürchten, ergänzte Lenzen: „Die Krise muss erst noch schlimmer werden, damit die Bereitschaft zu radikalen Veränderungen wächst.“

Die Studie im Internet:

www.vbw-bayern.de/jsp/3501.jsp

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