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Gesundheit: Euthanasie-Debatte: Todeswunsch auch bei alten Menschen selten

Achtzig Prozent der über Siebzigjährigen leben genauso gern wie Jüngere. Ein dramatisches Ausmaß von Todeswünschen im Alter gibt es nicht, trotz wachsender körperlicher, seelischer und sozialer Belastungen.

Achtzig Prozent der über Siebzigjährigen leben genauso gern wie Jüngere. Ein dramatisches Ausmaß von Todeswünschen im Alter gibt es nicht, trotz wachsender körperlicher, seelischer und sozialer Belastungen. Angesichts der holländischen Euthanasie-Debatte veröffentlichten Sven Barnow von der Universität Greifswald und Michael Linden von der BfA-Klinik Teltow-Seehof jetzt detaillierte Ergebnisse zu diesem Thema aus der Berliner Altersstudie.

Von 516 in die Studie einbezogenen Berlinern zwischen 70 und 103 Jahren äußerten nur 68, also 15 Prozent, einen gewissen Lebensüberdruss. 41 sprachen von Todeswünschen und sechs dachten an Selbstmord, was die Wissenschaftler als "Suizidalität" (5 Prozent) zusammenfassen. Dabei überwogen die Frauen. Mit zunehmendem Alter zeigte sich nur ein leichter Anstieg bei den Hochbetagten. Aber drei Viertel der Suizidalen hatten psychische Störungen, meist Depressionen, einzelne auch Angststörungen oder Suchtkrankheiten. Das stellte sich bei eingehenden, durch erfahrene Experten überprüften psychiatrischen Untersuchungen heraus. Nur zwei der Probanden mit Todeswünschen waren eindeutig psychisch gesund und entscheidungsfähig.

Die Autoren weisen darauf hin, dass auch nach anderen Forschungsergebnissen die Rate der Suizidalität bei über 65jährigen sich kaum von der Jüngerer unterscheidet. Und auch bei ihnen hängt sie in der Regel mit psychischen Störungen zusammen, vor allem mit Depressionen. Todeswünsche bei entscheidungsfähigen psychisch Gesunden, gleich welchen Alters, sind "offenbar extrem selten und eindeutig Ausnahmefälle".

Die Forscher schließen daraus, dass man bei Menschen mit Todeswünschen - auch und gerade im hohen Alter - möglicherweise verdeckte Depressionen aufspüren und behandeln muss. "Völlig inakzeptabel ist auf der Basis der vorgelegten wissenschaftlichen Ergebnisse, alte Menschen mit Todeswünschen in ihrem Todeswunsch zu bestärken und statt Unterstützung und Therapie Hilfe zum Sterben anzubieten."

R.St.

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