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Gesundheit: Fahrradsport: Richtig breit muss er sein, der Sattel

Fahrradsportler sollten wenn möglich auf einem breiten Frauensattel ihre Runden drehen. Zu diesem Ergebnis kommt Frank Sommer von der Universität Köln, der bei 100 gesunden männlichen Sportlern den Blutfluss im Penis während des Rad fahrens gemessen hat.

Fahrradsportler sollten wenn möglich auf einem breiten Frauensattel ihre Runden drehen. Zu diesem Ergebnis kommt Frank Sommer von der Universität Köln, der bei 100 gesunden männlichen Sportlern den Blutfluss im Penis während des Rad fahrens gemessen hat. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass besonders Rennradsättel zu Taubheitsgefühlen im Genitalbereich führen (können). Die Ursache: Ein Großteil des Körpergewichts drückt regelrecht auf diesen empfindlichen Teil des Mannes.

Sommer fand heraus, dass bei Touren auf Rennradsätteln die Durchblutung des Penis um bis zu 70 Prozent abnimmt. Das die knallharten, knochenähnlichen Polster nicht gerade bequem sind, kann wohl jeder Rennradfahrer bestätigen. Soweit ist die Erkenntnis nicht neu. Doch Sommer verglich in seiner jüngsten Studie, die er in der Fachzeitschrift "Deutsche Medizinische Wochenschrift" (2001, Nr. 34/35. S. 939) veröffentlicht hat, einen Rennradsattel nicht nur mit einem Frauensattel, sondern auch mit einem so genannten "Body Geometry"-Sattel.

Diese erst seit ein paar Jahren auf dem Markt erhältlichen Sitze, sollen nach Herstellerangaben ("Anti-Impotenz-Sattel") genau jene Taubheitsgefühle verhindern. Schon jetzt weist die Mehrzahl der in Fahrradgeschäften verkauften Sättel eine mehr oder weniger tiefe Kerbe in der Mitte des Sattels auf. Vorreiter dieser Welle war die Firma "Specialized". Mittlerweile kopieren sehr viele Hersteller diese Sitzform: Die Kerbe soll den Druck auf den Dammbereich während des Sitzens vermindern.

Diesen Effekt konnte Sommer nun nicht bestätigten. Der "Body-Geometry-Sattel" lag mit 68 Prozent weniger Durchblutung nur zwei Prozent unter dem Wert, den der Mediziner bei dem schmalen Rennradsattel feststellte. Ein breiter, aber wirklich sehr breiter Frauensattel führt dagegen nur zu einer Verminderung von 22 Prozent. Wenn möglich, sollte man auf diese Sättel ausweichen, sagt Sommer. Allerdings könne man dies Radsportlern wohl nicht zumuten, fügt der Mediziner hinzu. "Macht Rad fahren impotent?" fragte die "Medical Tribune" gleich.

Sommer verweist darauf, dass er Radsportler untersucht hat, also Männer, die in der Woche wenigstens 300 Kilometer zurücklegen. Der durchschnittliche Deutsche dagegen bringt es hingegen nach Angaben des Fahrradclubs ADFC nur auf 300 Kilometer im Jahr. Benno Koch, Pressesprecher des ADFC, verweist deshalb auch auf die kleine Zielgruppe der Leistungssportler. Kochs Fazit: "Die Gefährdung durch andere Faktoren im Straßenverkehr ist viel größer." Der Zusammenhang zwischen Rad fahren und Impotenz wird zwar immer wieder, vor allem von der Boulevard-Presse lanciert. Bisher gibt es dafür aber keinen wissenschaftlichen Beweis, wenn auch der US-Mediziner Irwin Goldstein seit 1997 nicht müde wird zu behaupten, Fahrradsitze würden zu permanenter Impotenz führen.

Auch Ferdinand Frauscher, Urologe an der Universitätsklinik Innsbruck, rät, weiterhin Rad zu fahren. Seiner Ansicht nach überwiegen die positiven gesundheitlichen Aspekte. Frauscher hatte vergangenes Jahr auf einem Zusammenhang zwischen Mountainbike fahren und Hoden-Tumoren hingewiesen. Allerdings hatte er auch Biker untersucht, die täglich bis zu zwei Stunden im Gelände unterwegs waren. Nur fiel dieser Aspekt in der Berichterstattung oft weg, was Frauscher dann doch ärgerte.

Frank Sommer hat aber noch eine andere Lösung parat. Denn der Kölner hat nicht nur Biker auf verschiedenen Sätteln durch die Gegend fahren lassen, sondern auch den Unterschied zwischen herkömmlichen Rädern und Liegerädern untersucht. Das Ergebnis mag angesichts der Konstruktion von Liege- oder Sesselrädern nicht überraschen - in einer Stellung, in der nur wenig drücken kann, wird natürlich auch nichts abgeklemmt.

Das wissenschaftliche Fazit: Auch nach zehn Minuten Liegeradtraining wurden ähnliche Werte gemessen wie vor dem Training. Wer sich nun nicht mit dem Liegerad fahren anfreunden kann (oder auch nicht will, weil er keinen Grund sieht), dem rät Sommer, ab und zu im Stehen zu fahren, dann wird das gute Stück auch wieder mit genug Sauerstoff versorgt.

Ulf Hoffmann

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