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Gesundheit: Falsches Spiel mit der Bundesliga

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D.

Der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Peter Strohschneider, hat in der Euphorie über die Kür von bisher drei Universitäten zu Eliteinstitutionen eine überzogene Anleihe beim Profisport gemacht. Alle fünf bis sieben Jahre soll es eine Prämienrunde unter den Universitäten geben, und dann müsste wie in der Fußballbundesliga „mindestens eine rausfliegen“, damit sich die Auserkorenen nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen.

Die Auswahl von „Graduiertenschulen“ und „Exzellenzclustern“ hat erbracht, dass an 19 deutschen Universitäten Mittel für solche Vorhaben bereitgestellt werden. Sie alle haben also mindestens einen „Leuchtturm“. Ein schwerwiegender Irrtum wäre es, alle anderen, in diesem Verfahren nicht zum Zuge gekommenen, abzuschreiben. Vor allem, wenn man an die kleinen Fächer denkt, die nur von einem oder wenigen Hochschullehrern vertreten werden und lediglich von wenigen Studierenden belegt werden, wie Kunstgeschichte, Sinologie oder Archäologie. In diesen Fächern gibt es hervorragende, weltweit anerkannte Spezialisten. Manche Universitäten haben ganz bewusst solche Disziplinen gepflegt. Sie erweisen sich zum Teil als nicht geeignet für die Einrichtung einer Graduiertenschule, weil die Zahl der Doktoranden zu gering ist, und auch als nicht „clusterfähig“, weil ihr Merkmal das Einzelkämpfertum ist und nicht der Verbund mit anderen Wissenschaftlern. Sie spielen nach den Kriterien, die für die Auswahl von Eliteuniversitäten bisher angelegt worden sind, keine Rolle.

Deutschland brauche Eliteuniversitäten, um international konkurrenzfähig zu sein, so wird die Exzellenzinitiative begründet. Der primäre Wettbewerb findet aber unter den Fächern statt. So wird auch der Nobelpreis nicht an eine Institution gegeben, an der ein Wissenschaftler forscht, sondern an eine Person für erbrachte Leistung. Ein ausländischer Wissenschaftler sucht sich einen Kooperationspartner danach aus, wer zu seiner Arbeit passt, und nicht in erster Linie danach, an welcher Universität dieser tätig ist. Wenn dann an manchen Institutionen besonders viele zu verzeichnen sind, erstrahlt auch die Einrichtung als Ganze – nicht umgekehrt.

Was der Vorsitzende des Wissenschaftsrats vorschlägt, ist nicht überzeugend, wie auch das ganze jetzt laufende Verfahren. Es ist eben fatal, einer festen Zahl von Universitäten die Bezeichnung „Spitze“ zu verleihen. Die Grenzen sind fließend; Veränderungen werden sehr wohl wahrgenommen. Es bedarf dazu keines bürokratischen Verfahrens.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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