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Gesundheit: Gebühren dürfen nicht abschrecken

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D.

Wie passt das zusammen? Auf der einen Seite wird zwischen dem Bund und den Ländern der Hochschulpakt geschmiedet, um den errechneten Zustrom von Studierwilligen Anfang des nächsten Jahrzehnts wegen der geburtenstarken Jahrgänge und zweier Abiturientenschübe als Folge der Schulzeitverkürzung zu bewältigen.

Auf der anderen Seite ist schon zum dritten Mal nacheinander ein Rückgang der Studienanfänger zu registrieren. Beides ist zutreffend. Das letzte betrifft den aktuellen Stand; das erste die zukünftige Entwicklung. Es sollten allerdings keine falschen Schlüsse gezogen werden, etwa in der Art, dass der Zuwachs gar nicht so dramatisch sein werde; man sehe ja, die Studierneigung lasse nach; aber auch nicht derart, dass rückläufige Anfängerzahlen eine Katastrophe bedeuteten.

Als Ursachen für weniger Anfänger werden zunehmende Zulassungsbeschränkungen und die Einführung von Studiengebühren ausgemacht. Unabhängig davon ist zweierlei zu beachten: Zum einen wird immer wieder die mangelnde Studierfähigkeit einer nicht eben geringen Zahl von Studierenden festgestellt und über hohe Abbrecherquoten geklagt. Wenn also Kandidaten kein Studium aufnehmen, weil sie zu Recht fürchten, den Anforderungen nicht zu genügen, werden einem deshalb nicht die Tränen kommen müssen.

Zum anderen ist unstreitig, dass alle vorhandenen Begabungen genutzt werden müssen. Das ist einmal im Interesse der Betroffenen angezeigt, weil es um deren Lebenschancen geht, aber auch im Interesse der Gesellschaft, die darauf angewiesen ist, vorhandenes Potenzial nicht verkümmern zu lassen. Die Debatten um die Anwerbung qualifizierter Mitarbeiter aus dem Ausland mangels eigener Nachwuchskräfte illustriert das Dilemma. Unstreitig fehlen unter anderem in den Ingenieurwissenschaften und in anderen naturwissenschaftlich ausgerichteten Berufsfeldern geeignete Bewerber. Es wäre also fatal, wenn der Rückgang der Zulassungszahlen sich weiter negativ auf solche Disziplinen auswirken würde.

Deshalb muss alles getan werden, damit Studiengebühren nicht dazu führen, studierwillige und befähigte Bewerber abzuschrecken. Insoweit scheint die oft beschworene Aussage, Gebühren müssten „sozial verträglich“ sein, noch nicht eingelöst zu sein. Dank der Föderalismusreform sind die Länder in der Pflicht. Nicht allen scheint das bewusst zu sein.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: g.turner@tagesspiegel.de

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