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Gesundheit: Gegen Gift

Die Leber, das größte Organ, liegt geschützt unter dem rechten Rippenbogen.Dafür gibt es gute Gründe

Der Adler kam jeden Tag, 30000 Jahre lang. Er schlug dem Gefesselten seinen Schnabel in den Leib, auf der rechten Seite, etwas unterhalb der Rippen: dort, wo die Leber verborgen liegt. Dann fraß er von dem Organ, das bis zum nächsten Tag wieder nachgewachsen war. Prometheus aber erduldete die Qualen. So jedenfalls will es die griechische Mythologie, nach der Prometheus von den Göttern auf ewig dafür gestraft wurde, dass er den Menschen das Feuer gebracht hatte.

Das Erstaunliche: die Griechen hatten Recht. Die Leber kann sich tatsächlich selbst erneuern, wenn auch nicht an einem Tag. Bei Ratten zum Beispiel dauert es knapp eine Woche, bis sich ein ganzer Leberlappen neu gebildet hat. Die Fähigkeit zur Regeneration ist vermutlich ein Erbe der Evolution, denn nur auf diese Weise konnte der Körper Nahrungsmittelvergiftungen überstehen.

Es gibt, das Gehirn einmal ausgenommen, wohl kein Organ, das komplexer als die Leber ist. Mit anderthalb bis zwei Kilogramm ist sie das schwerste Organ des Körpers. Und sie ist die Stoffwechselzentrale: Aus der Pfortader werden ihr die Nährstoffe aus dem Darm zugeleitet. Die Leber speichert alle wichtige Bestandteile der Ernährung. Sie hilft, den Blutzucker konstant zu halten, indem sie bei Bedarf den Stärkespeicher Glykogen abbaut und Traubenzucker (Glucose) ins Blut abgibt. Zugleich steuert sie den Fett- und Eiweißstoffwechsel. Außerdem stellt sie wichtige Eiweißstoffe für den Blutstrom her – zum Beispiel das Transporteiweiß Albumin und jene Proteine, die die Blutgerinnung ermöglichen.

Die Leber entgiftet den Körper. Sie verfügt über ein molekulares Biolabor, in dem Gifte biochemisch herausgefiltert, zerschnitten und ausgeschieden werden. Egal, ob der Körper sie von außen aufgenommen oder selbst produziert hat.

Der wichtigste körpereigene Abfallstoff ist das Bilirubin, das Endprodukt des Sauerstoffträgers Hämoglobin im Blut. Bilirubin wird über die Galle in den Zwölffingerdarm ausgeschieden, ein kleiner Teil wird wieder aufgenommen und mit dem Urin ausgeschieden (daher die gelbe Farbe des Urins). Zudem entgiftet die Leber das bei dem Abbau von Aminosäuren (den Bausteinen der Eiweiße) anfallende Ammoniak. Sie baut diesen in Harnstoff um, der seinerseits über die Nieren ausgeschieden wird.

Sie ist ein robustes Organ, doch sie ist nicht unverwundbar. Es gibt mehr als 100 Leberleiden. Zwei Gefahren machen dem Organ vor allem zu schaffen: unser Lebensstil – und Viren.

Lebensstil: Leber-Gift Nummer eins ist der Alkohol. Er wird in der Leber abgebaut und kann den Stoffwechsel so belasten, dass das Organ verfettet. Das ist die häufigste Folge des Alkoholkonsums. Aber die Fettleber kann sich wieder erholen. Wird dagegen weiter getrunken, kann zusätzlich eine Hepatitis (Leberentzündung) auftreten. Der schwerste Leberschaden ist die Zirrhose (Schrumpfleber). Die Leber ist knotig und schrumpelig geworden und hat ihre Funktion weitgehend eingebüßt. Wie viel Alkohol ist erlaubt? „Für den Mann etwa 40 Gramm pro Tag, für die Frau nur 20 Gramm“, sagt Leberspezialist Michael Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover. Das heißt: ein „Drink“ (Glas Bier, Wein oder Schnaps) für die Frau, zwei für den Mann.

Ein weiteres Problem sind Übergewicht und falsche Ernährung. Auch das kann zur Fettleber oder Hepatitis und sogar zu schweren Leberschäden führen, vor allem, wenn zusätzlich eine Zuckerkrankheit oder eine Fettstoffwechsel-Störung besteht. Empfehlenswert ist eine Ernährung mit viel Ballaststoffen und wenig gesättigten Fetten und Cholesterin.

Und was ist mit „Leberschutzpräparaten“? „Das war immer ein Traum“, sagt der Internist Manns. „Aber wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit gibt es bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht.“

Viren: Manns empfiehlt eine Impfung gegen den Erreger der Hepatitis B. Weniger gefährlich ist das Hepatitis-A-Virus, doch sollte man sich vor dem Reisen in betroffene Regionen impfen lassen. Gegen das Hepatitis-C-Virus kann man nicht impfen – eine Infektionsquelle sind hier neben verschmutzten Drogenspritzen möglicherweise auch Tattoo-Studios, sagt Manns.

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