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Gesundheit: Gentechnik: Versuchskaninchen Mensch

Chinesische Gentechniker haben erstmals das Erbgut eines Menschen in die Eizelle eines Kaninchen gepflanzt. Professor Chen Xigu von der Zhongshan Medizinuniversität in Kanton bestätigte gegenüber dem Tagesspiegel das Experiment.

Chinesische Gentechniker haben erstmals das Erbgut eines Menschen in die Eizelle eines Kaninchen gepflanzt. Professor Chen Xigu von der Zhongshan Medizinuniversität in Kanton bestätigte gegenüber dem Tagesspiegel das Experiment. Chinesische und ausländische Wissenschaftler warnten vor einem "absoluten Tabubruch".

Für das Experiment verwendeten die Wissenschaftler den Kern einer menschlichen Hautzelle eines sieben Jahre alten Jungen; im Zellkern befindet sich das Erbgut. Der Kern wurde anschließend in die zuvor entkernte Eizelle eines Kaninchens geschleust. Damit enthielt die Kaninchenzelle nun das Erbgut des Jungen.

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik Seit Januar seien mit diesem Verfahren mehr als 100 menschliche Embryos erfolgreich geklont worden, berichtet ein Wissenschaftler der Universität, der an den Experimenten beteiligt ist. Einige Zellen hätten sich erfolgreich zum "Morula Stadium" weiterentwickelt - wozu mindestens 16 Zellteilungen nötig sind. Die genetische Übereinstimmung mit denen des Jungen sei 99,999 Prozent.

Laut "Pekinger Morgenpost" arbeitet Professor Chen bereits seit drei Jahren an der Kreuzung von menschlichem und tierischem Material. Die Hautzellen stammen von der Vorhaut des Jungen. Zu den Versuchen werde die Eizelle eines Kaninchens verwendet, weil diese groß genug für das Experiment sei, sagte ein beteiligter Wissenschaftler. "Bisher wurde nie bewiesen, dass Kaninchen dafür geeignet sind. Wir haben es bewiesen." Aus den geklonten Zellen sollen embryonale Stammzellen gewonnen werden. Langfristiges Ziel der Forschung sei es, die Zellen eines Tages zur Heilung von Krankheiten einzusetzen.

Das in Kanton angewendete Verfahren ist eine unter Klonwissenschaftlern übliche Technik und als "Kerntransfer" bekannt. Das Besondere an Chens Experiment jedoch ist die Tatsache, dass das Genmaterial eines Menschen mit der Zelle eines Tieres vermischt wurde. US-Forscher hatten zuvor ein ähnliches Experiment mit Hilfe von Kuhzellen gemacht.

Gemischte Zellversuche sind international geächtet und in den meisten Ländern streng verboten. "Das ist ein absoluter Tabubruch", sagt Ole Döring, Spezialist für Gentechnik in China vom Institut für Asienkunde in Hamburg.

Schätzungen zufolge arbeiten in China rund 600 Wissenschaftler an Genexperimenten, dazu kommen mehrere Tausend Labormitarbeiter. Pekings Regierung hat die Gentechnik zu einer Schlüsseltechnologie erklärt und fördert die Forschung finanziell. Zwar unterstützt Chinas Regierung öffentlich die international üblichen ethischen Normen bei der Genforschung. In der Praxis gibt es für die Wissenschaftler jedoch keine Kontrollen. In Peking arbeiten Forscher derzeit daran, Pandas zu klonen und diese in dem Bauch einer anderen Tierart - Bären oder Hunde - zu züchten.

Gegenüber der "Yangcheng Abendzeitung" verteidigte Professor Chen sein Experiment damit, dass er "nur menschliche Haut" und keine humanen Eizellen für die Versuche verwende. "Jeder kann seine eigene Körperzellen nehmen, um seine eigenen Embryos zu züchten." Allerdings sei er besorgt, dass durch die Kreuzung "unbekannte Krankheiten des Kaninchens auf den Menschen übertragen werden könnten".

Kollegen von Chen kritisierten die Versuche scharf. Professor Ba Denian von der Pekinger Akademie der Wissenschaften nannte die Versuche "schockierend". Die Experimente könnten die "Grenze zwischen Mensch und Tier" durchbrechen, sagte er. Eine Verwendung der gemischten Zellen in der Medizin sei "wissenschaftlich gefährlich" und ethisch bedenklich. Professor Ba:"Die Zellen, die sie klonen, sind das Zellen eines Menschen oder die eines Tieres?"

Harald Maass

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