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Gesundheit: Hochschulmedizin: Droht der Charité der Abstieg aus der ersten Liga?

Die Freie Universität und die Humboldt-Universität befürchten, dass in Berlin 150 Millionen Mark aus der Hochschulmedizin herausgespart werden, um mit dem Geld andere Bereiche besser ausstatten zu können - zum Beispiel die Fachhochschulen. Ein entsprechender Leitantrag werde für den SPD-Parteitag im April vorbereitet.

Die Freie Universität und die Humboldt-Universität befürchten, dass in Berlin 150 Millionen Mark aus der Hochschulmedizin herausgespart werden, um mit dem Geld andere Bereiche besser ausstatten zu können - zum Beispiel die Fachhochschulen. Ein entsprechender Leitantrag werde für den SPD-Parteitag im April vorbereitet. Das erklärten gestern führende Vertreter beider Universitäten vor Journalisten. Da die Summe so hoch ist, äußerte der Präsident der Humboldt-Universität, Jürgen Mlynek, die Befürchtung: Eigentlich laufe das auf die Schließung eines Klinikums hinaus. Der erste Vizepräsident der FU, Dieter Lenzen, sagte, es sei keiner der beiden Universitäten zumutbar, die Medizin aufzugeben, weil es eine enge Verflechtung in Forschung und Lehre mit den Naturwissenschaften gebe: "Berlin muss sich endlich darüber klar werden, ob es Fußballstadt, U-Bahnstadt oder Wissenschaftsstadt sein will".

Der Dekan der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität, Roland Felix, erinnerte an den Grundgedanken, der bei der Neuordnung der Hochschulmedizin nach der Wiedervereinigung für Politiker und Hochschulexperten die ausschlaggebende Rolle spielte: "Berlin will in der Hochschulmedizin in der ersten Liga in Deutschland, verglichen mit den Universitäten in München und Heidelberg, mitspielen. Das ist unser zentraler Dienstauftrag." Bei solchen Sparplänen, wie sie in der SPD diskutiert werden, sei das nicht mehr möglich.

Der ärztliche Direktor der Charité, Manfred Dietel, machte folgende Rechnung auf: 900 Millionen Mark bekommt die Charité im Jahr von den Krankenkassen, 310 Millionen Mark vom Staat. Wenn die 150 Millionen an einzusparenden Geldern auf die Hochschulmedizin von FU und HU umgelegt würden, müsse die Charité auf 100 Millionen beim Staatszuschuss verzichten. Da der Staatszuschuss dazu dient, Forschung und Lehre zu finanzieren, werde die Einsparung fast völlig auf Kosten der Forschung gehen, denn die Lehre könne nicht eingeschränkt werden. Das wiederum werde katastrophale Auswirkungen auf die Fähigkeit der Charité haben, weiter wie bisher Drittmittel für die Forschung von den Ministerien, von Stiftungen und der Wirtschaft einzuwerben. Der jetzige Rekord von 100 Millionen Mark an Drittmitteln lasse sich dann nicht mehr halten. Dieser Rekordsumme seien 1800 Arbeitsplätze zu verdanken.

Der Dekan der Medizinischen Fakultät der Freien Universität, Martin Paul, rechnete die Verluste am Beispiel der FU vor: Das Klinikum Benjamin Franklin und die dortige Medizinische Fakultät erhalten 191 Millionen Mark an Staatszuschuss und 310 Millionen Mark von den Krankenkassen. Bei einer Einsparung von 50 Millionen Mark beim Staatszuschuss geht das ebenso auf Kosten der Forschung. Die Medizin der FU habe im letzten Jahr 50 Millionen Mark an Drittmitteln eingeworben und dadurch etwa 800 Arbeitsplätze geschaffen.

Wenn die SPD ihre Sparvorschläge mit den hohen Studienplatzkosten in Berlin begründe, sei das eine falsche Rechnung, erklärte Dietel: In Berlin gebe es Sonderkosten, die die Hochschulhaushalte belasten, die in anderen Ländern nicht den Universitäten aufgebürdet werden. Allein die Charité müsse ihren Jahresanteil für Pensionslasten von jetzt 15 Millionen Mark auf zunächst 30 Millionen und später 60 Millionen Mark steigern und für die Bauunterhaltung regelmäßig 20 bis 30 Millionen aus dem Staatszuschuss abzweigen. Alles das mache die Studienplätze teuer.

Uwe Schlicht

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