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Gesundheit: Hochschulpolitik als Achterbahnfahrt: Positionen: Die Sparvorschläge aus der Finanzverwaltung

Was hat es nicht schon für Pläne gegeben, welche die Berliner Universitäten und Hochschulen an die Spitze der weltweiten Konkurrenz bringen wollten! Dabei ist es keine Frage, dass es solche Bereiche immer gegeben hat - neben manchem Unterholz.

Was hat es nicht schon für Pläne gegeben, welche die Berliner Universitäten und Hochschulen an die Spitze der weltweiten Konkurrenz bringen wollten! Dabei ist es keine Frage, dass es solche Bereiche immer gegeben hat - neben manchem Unterholz. Nun besteht endgültig die Gefahr, dass auch die Leuchttürme, wie Politiker exzellente Institute nennen, abgeschaltet werden. Anlass ist das ebenso sachlich falsche wie törichte Schreiben des Staatssekretärs aus der Finanzverwaltung, Robert Heller, mit dem eine neue Sparrunde bei den Hochschulverträgen eingeleitet werden soll. Sachlich falsch ist es deshalb, weil Fakten nicht richtig gesehen werden.

Wer die 85 000 Studienplätze erhalten will, darf keine Mark an den Zuschüssen reduzieren. Im Gegenteil: Die Ruhestandslasten müssten den Hochschulen mindestens schrittweise genommen werden, wenn die an sich schon zu geringe Zahl von Studienplätzen auch nur mittelfristig gehalten werden soll. Töricht ist es deshalb, weil mit dem Vorschlag, Studiengebühren sollten, auch wenn nur teilweise, dem Staatshaushalt zugeführt werden, ein so genanntes Totschlagsargument geliefert wird.

Wie konnte es zu einer solchen Situation kommen? Die Berliner Hochschulen lebten bis weit in die 80er Jahre auskömmlich und weitaus besser ausgestattet als viele andere in Deutschland. Nach der Wiedervereinigung traten zwei gegenläufige Tendenzen ein: Zum einen wurden Sparprogramme aufgelegt, die - rechnerisch - eine Hochschule im Umfang von 30 000 Studienplätzen verschwinden ließen. Zum anderen kamen im Ostteil der Stadt ungeahnte Aufgaben hinzu. Hier hat man des Guten zuviel getan. Trotz aller Bekenntnisse zur Konzentration und zum Abbau von Mehrfachangeboten ging in der Euphorie der Einheit der Blick für die Finanzierbarkeit verloren.

Den gegebenen finanziellen Verhältnissen hätte, von "Bereinigungen" im Einzelnen abgesehen, folgendes Grundsatzprogramm entsprochen: Die Humboldt-Universität wäre eine Universität mit geisteswissenschaftlichem Schwerpunkt, einschließlich der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften geworden; die Naturwissenschaften hätte man nicht ausbauen sollen; Adlershof wäre überflüssig gewesen. Die Technische Universität hätte noch konsequenter als geschehen, grundsätzlich alles abbauen sollen, was nicht zu Technik und Naturwissenschaften gehört. Die Freie Universität hätte bestimmte Auswüchse, die im Zuge von unkontrollierten Überführungen Anfang der 70er Jahre entstanden sind, zurückführen müssen. Die Medizin wäre besser in einer Medizinischen Universität (Medical School) zusammengeführt worden. "Hätte" und "Wenn" zählen nicht. Solche Überlegungen sind zwar "Schnee von gestern", sollten aber in Erinnerung gerufen werden, um zu zeigen, wohin es führen kann, wenn man drauflos "entwickelt". Jetzt hat man den Salat.

Was ist zu tun? Bestimmte Korrekturen verbieten sich, wenn bereits zu viel Geld investiert ist. Dazu gehört möglicherweise der Wissenschaftspark Adlershof, wobei man sich darüber im Klaren sein muss, dass manche Erwartungen wohl nicht eintreten werden. Beispiele an anderen Orten zeigen, wo die Grenzen von Wissenschaftsparks liegen. Die Korrekturen im Kleinen - hier und dort wird ein Lehrstuhl eingespart, das üppig ausgestattete Otto-Suhr-Institut wird auf Normalmaß gestutzt -, sind nicht mehr als Kosmetik.

Das wichtigste Problem ist derzeitig die Behandlung der Medizin. Hier gibt es bei den Klinika zwei Standorte, nämlich Mitte und Steglitz, die beide einen Investitionsbedarf von noch über 630 Millionen Mark erfordern. Es ist ausgeschlossen, dass beide Vorhaben in absehbarer Zeit realisiert werden. Die Anwendung des bisher stets praktizierten "Berliner Modells" würde bedeuten, dass an beidem "herumgewurschtelt" wird, das heißt nichts richtig vorangetrieben würde. Richtig wäre, den Standort zu schließen, der in der fachlichen Bewertung unterliegt. Das ist hart, aber ehrlich. Solche Verfahrensweisen hat man bisher vermieden.

Politische Rücksichtnahmen, Seilschaften östlicher und westlicher Färbung, falsche Einschätzungen und immer wieder Querschüsse von jedem gegen jeden zwischen und in den politischen Lagern, aber auch unter den betroffenen Vertretern der Fächer, haben die derzeitige Situation produziert. Dass ein Staatssekretär der Finanzverwaltung sich erdreistet, die von allen Beteiligten als unstrittig angesehene Geschäftsgrundlage vom Tisch zu wischen, zeigt, welchen Stellenwert die Wissenschaftspolitik hat und wer sie (nicht) macht.

Das Auf und Ab erinnert an eine Achterbahn. Nicht immer geht es bergauf; gelegentlich stürzen sie auch ab. Man darf gespannt sein, ob Berlin die Kraft hat, ein modernes Hochschulgesetz zu verabschieden.

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