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Gesundheit: Hochschulpolitik Berlin: Die Bildungsstätten brauchen einen Zukunftsfonds

Geld aus den Verkäufen von Landesvermögen zu gewinnen - das ist zum Zaubermittel in Deutschland geworden. Nur wenn der Glamour verflogen ist - was bleibt dann vom Zauber übrig?

Geld aus den Verkäufen von Landesvermögen zu gewinnen - das ist zum Zaubermittel in Deutschland geworden. Nur wenn der Glamour verflogen ist - was bleibt dann vom Zauber übrig? In Berlin sehr wenig, in Baden-Württemberg und Bayern sehr viel. Die beiden reichen Länder im Süden haben langfristig auf Zukunftsinvestitionen gesetzt und den Hochschulen einen prominenten Platz in diesen Programmen eingeräumt. Die Regierung Stoiber hat insgesamt für die beiden Programme "Zukunft Bayern" und die "High-Tech-Offensive" 8,25 Milliarden Mark aus dem Verkauf von Landesvermögen gesichert. Baden-Württemberg kommt in seinen Zukunftsprogramm auf vier Milliarden Mark. Berlin hat aus dem Erlös, der durch den Verkauf der Wasserwerke erzielt wurde, gerade einmal 250 Millionen Mark für den Zukunftsfonds vorgesehen.

Diese Unterschiede sind gigantisch. Wenn die Universität Mannheim einen angesehenen Wirtschaftsexperten gewinnen will, kann sie für dessen Berufung vier Millionen Mark aufbringen. Das Zukunftsinvestitionsprogramm des Landes macht das möglich. Wenn in Berlin die Universitäten mit einer bescheidenen Durchschnittssumme von 500 000 Mark pro neuen Wissenschaftler rechnen, dann führt diese Summe angesichts der extremen Haushaltslage schon an die Grenzen des Möglichen. Die Summen, die die Berliner Universitäten für die Neuberufung eines Wissenschaftlers ansetzen, halten Kenner für realistisch. Denn in diesem Betrag ist der "billige Geisteswissenschaftler" für 100 000 Mark ebenso enthalten wie der teure Ingenieur, Naturwissenschaftler oder Mediziner, deren Neuberufung bis zu 1,5 Millionen Mark kosten kann.

In den nächsten Jahren müssen die FU wie auch die TU etwa die Hälfte ihres Professorenbestandes erneuern. Erste Schätzungen gehen von einem Gesamtbetrag von etwa 240 Millionen Mark für die drei Berliner Universitäten aus. Diese Summe belastet die Verhandlungen über die neuen Hochschulverträge für die Jahre 2003 bis 2005 zusätzlich. Da stellt sich die Frage, ob Berlin wenigstens die bescheidene Summe von 250 Millionen Mark aus seinem Zukunftsfonds für die Lehrstuhlerneuerung an den Universitäten nutzen könnte. Manfred Erhardt, der einstige Berliner Wissenschaftssenator und jetzige Vorsitzende des Beirats für den Zukunftsfonds sieht wenig Chancen für eine solche Lösung in der Not. Denn wie in Bayern, wo das Programm zur High-Tech-Offensive dazu dient, die Forschung bis zur Marktreife voranzutreiben und in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft wissensbasierte Arbeitsplätze zu schaffen, geht es auch in Berlin um dieses Ziel.

Bayern hat seine High-Tech-Offensive auf die Bereiche Lebenswissenschaften, Informations- und Kommunikationstechnik, neue Werkstoffe, Umwelttechik und Mechatronik ausgerichtet. In Berlin stehen die Verkehrstechnik, die Nachrichtentechnik, die Molekularmedizin, die Biotechnik im Vordergrund. Die Verantwortung für den Zukunftsfonds liegt daher auch bei der Wirtschaftsverwaltung. Für eine Umwidmung dieses Programms, "um Haushaltslöcher zu stopfen", sieht Manfred Erhardt keine Chance. Er hatte in der Gründungsphase des Fonds angeregt, das Geld auch zu benutzen, um die 85 000 Studienplätze in Berlin zu sichern, damit wegen der wachsenden Pensionsbelastungen in den Westhochschulen nicht weitere Studienplätze vernichtet werden. Das wurde abgelehnt.

Manfred Erhardt begründet diese Festlegung gegenüber dem Tagesspiegel so: Wenn das Land Berlin weiter so verfährt, dass es die Einsparungen gleichmäßig über alle Ressorts verteilt und sich nicht auf Prioritäten verständigt, dann könne ein Bereich nur durch Herausnahme aus der normalen Haushaltsverteilung bevorzugt werden. Das sei mit dem Zukunftsfonds geschehen. Auf der anderen Seite geht es auch bei der Neuberufung von Professoren um eine Zukunftsfrage. Nur herausragende Wissenschaftler können innovative Projekte vorantreiben, die der Stadt und der Wirtschaft helfen. Insofern sollte sich Berlin weiter darum bemühen, durch Verkäufe von Landesvermögen "frisches Geld zu gewinnen". Erhardt wörtlich: "Im Grunde müsste man sagen, die 250 Millionen Mark sind kärglich genug - aber es gibt in Berlin weitere Privatisierungsmöglichkeiten. Aus den Gewinnen müsste man für die Hochschulen einen zusätzlichen Fonds schaffen. Berlin muss in dem Wettbewerb um die Berufung der besten Nachwuchswissenschaftler mithalten können. Es handelt sich um eine Zukunftsinvestition für die nächsten 20 Jahre."

Mithalten heißt für Erhardt: Berlin muss nicht nur konkurrenzfähig zu den reichen deutschen Ländern im Süden sein, sondern auch mit dem Ausland. Schließlich habe Berlin seine Stärken in Wissenschaft und Kultur - die Politiker sollten sich dabei bewusst sein, "dass die Kultur eher der Gegenwart dient, während die Wissenschaft wirklich die Zukunft erschließt."

Uwe Schlicht

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