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Gesundheit: Hoffnung für die Wale

Bisher werden die Meeressäuger getötet, um ihr Alter zu bestimmen. Jetzt gibt es eine schonende Methode

Aus einem australischen Forschungszentrum kommt neue Hoffnung für Wale. Bisher werden die Meeressäuger oft mit dem Argument gejagt, dass man aus wissenschaftlichen Gründen ihr Alter bestimmen müsse. Dazu ist es aber bisher meist notwendig, die Wale zu töten. Peter Harrison vom Walforschungszentrum der Southern Cross University in Lismore hat nun eine elegante Technik entwickelt, um das Alter von Walen bestimmen zu können. Wie das Fachmagazin „Nature“ (Band 442, Seite 507) berichtet, beruht die Methode auf einer genetischen Analyse von Buckelwalen.

Wissenschaftler möchten das Alter von Walen kennen, um Veränderungen in Populationen der Meerestiere feststellen zu können. Dies ermöglicht Aussagen darüber, wie sich das Paarungsverhalten der Tiere im Laufe ihres Lebens verändert. Außerdem lassen sich Schlüsse auf die Lebenserwartung der Wale ziehen.

Bei Zahnwalen wie Orca und Pottwal lässt sich das Alter mit Hilfe der Zähne bestimmen. Bei zahnlosen Bartenwalen wie Buckel- oder Finnwalen ist dies dagegen schwieriger. Man untersucht den Ohrschmalz. Da der Hörkanal der Wale von der Umgebung abgeschlossen ist, sammelt sich der Ohrschmalz an und lagert sich an den Wänden des äußeren Hörkanals ab. Im Hörkanal der Wale bilden sich so pro Jahr zwei Schichten.

Die Ablagerungen können ähnlich wie die Jahresringe eines Baumes gezählt werden. Diese Methode setzt allerdings voraus, dass die Tiere sorgfältig seziert werden können. Und das geht nur, wenn die Wale tot sind.

Das Team um Harrison versucht nun, dem Alter eines Wales über die molekulare Struktur des Erbgutes auf die Spur zu kommen. Die Erbinformationen eines Lebewesens sind in der DNS gespeichert. Bei Säugetieren, etwa Walen, sind die langen DNS-Moleküle auf Eiweiße gewickelt. Dies führt zu kompakten Strukturen, den Chromosomen, die in allen Körperzellen vorhanden sind.

An den Enden eines jeden Chromosoms befinden sich Telomere. Telomere sind aus Folgen von DNS-Bausteinen aufgebaut, die sich oft wiederholen. Sie ermöglichen es, dass die Erbinformationen bei Zellteilungen kopiert werden. Bei einigen Lebewesen, darunter auch Menschen und Wale, nimmt die Länge der Telomere mit jeder Zellteilung ab. Die Telomere eines älteren Lebewesens sind also erheblich kürzer als die eines jüngeren Organismus.

Die australischen Forscher nutzen genau dieses Phänomen, um das Alter von Buckelwalen zu bestimmen. Dazu benötigen sie nicht einmal viel Gewebe. „Wir benutzen Proben, die nur so groß sind wie ein Fingernagel“, sagte Harrison dem Tagesspiegel. Zur DNS-Analyse reiche ein Stückchen Haut, das beispielsweise beim Flossenschlagen ins Wasser falle.

Um zu beweisen, dass das Alter eines Wals durch die Länge der Telomere geschätzt werden kann, brauchen die Wissenschaftler allerdings DNS-Proben von Tieren, deren Alter bekannt ist. Im Forschungszentrum befinden sich nun Fotos von fast 3000 Walen. Diese werden mit der DNS verglichen, um den genetischen Fingerabdruck der Wale zu erhalten.

Wenn sich die Methode, die bisher nur an Buckelwalen erprobt wurde, als brauchbar erweist, soll sie auf andere Walarten, etwa auf Finn- oder Blauwale, ausgeweitet werden. Zudem arbeiten die Wissenschaftler daran, das Verfahren weiter zu verfeinern. „Wir hoffen, das Alter der Tiere letztlich auf fünf bis zehn Jahre genau schätzen zu können“, sagt Harrison.

Das ist zwar immer noch nicht so genau wie die herkömmlichen Verfahren. So hat die Ohrschmalz-Methode nur eine Unsicherheit von einem halben Jahr. Aber es sei besser, „das Alter eines lebenden Wals nur näherungsweise zu kennen, als das exakte Alter eines Tieres, das tot ist“, erklärt der australische Forscher.

Doch das dürfte die Walfänger aus Japan wenig beeindrucken. Um exakte Wissenschaft betreiben zu können, müsse man das Alter so genau wie möglich bestimmen, heißt es. „Das ist eine der Ausreden der japanischen Walfänger, um ihre so genannte wissenschaftliche Forschung betreiben zu können“, kommentiert Harrison. In der Tat will Japan jetzt sein Programm ausweiten und erstmals auch Buckelwale jagen. Wie Umweltschützer kritisieren, wird das Walfleisch allerdings kommerziell verwertet.

Maxie Eckert

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