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Gesundheit: Humboldt-Universität: Die Hochschule sucht Visionen

Die Humboldt-Universität möchte künftig das Studium gezielt als geistiges Erlebnis gestalten und will sich dadurch von anderen Universitäten in Deutschland unterscheiden, dass sie der Lehre den ersten Platz einräumt. Nicht die Forschung, wie es sonst in Deutschland üblich ist, soll Priorität bekommen.

Die Humboldt-Universität möchte künftig das Studium gezielt als geistiges Erlebnis gestalten und will sich dadurch von anderen Universitäten in Deutschland unterscheiden, dass sie der Lehre den ersten Platz einräumt. Nicht die Forschung, wie es sonst in Deutschland üblich ist, soll Priorität bekommen. Wohl aber muss die Qualität der Lehre dadurch nachhaltig angehoben werden, dass sie auf neuesten Forschungsergebnissen basiert. Dieses Ziel entspricht dem amerikanischer Spitzenuniversitäten.

Die entscheidende Aussage in dem Entwurf für ein künftiges Leitbild der Universität lautet: "Der Primat der Lehre. Universitäten gibt es nur, weil Wissen vermittelt werden muss. Sie sind daher zunächst und vor allem anderem Einrichtungen für Studium und Lehre. Nur wenn es einer Universität gelingt, ihre Studenten optimal auszubilden, ist sie eine gute Universität."

Die Arbeitsgruppe, die bisher unter Federführung des Philosophieprofessors Volker Gerhardt Ideen für ein künftiges Leitbild vorbereitet hat, geht davon aus, dass die deutschen Universitäten nur deshalb so lange nicht bemerkt haben,in welch scharfem internationalen Wettbewerb sie stehen, weil ihnen der ständig wachsende Zustrom von Studierenden steigende Beliebtheit suggeriert habe. "Tatsächlich aber haben sie in ihrer Ausbildungsleistung nachgelassen, mussten auf produktive Forschungsfelder verzichten und sind international kaum noch gefragt." Nur dann könne die Humboldt-Universität etwas Besonderes sein, wenn sie sich Ziele vorgibt, eine Idee ihrer selbst besitzt und entsprechend herausragende Leistungen erbringt.

Was die Humboldt-Universität mit ihrer Arbeit an einem Leitbild bezweckt, ist die Besinnung auf eine Idee. Eine Universität, die business as usual betreiben will, bedarf keiner Leitidee. Aber die Humboldt-Universität will nicht business as usual betreiben. Von Anfang an möchte die Humboldt-Uni ihre Idee mit der Exzellenz verbinden: "In einer Stadt, die mit der Vereinigung plötzlich über drei große Universitäten verfügte, ließ sich die kostspielige Erneuerung der Humboldt-Universität nur rechtfertigen, wenn ihr ein besonderes Profil gegeben werden konnte. Das Ziel der Exzellenz gab diesem Willen Ausdruck... . Mit der Erneuerung im Zeichen der Exzellenz hat sich die Humboldt-Universität bewusst in die Tradition Wilhelm und Alexander von Humboldts gestellt." Volker Gerhardt beruft sich in dem Einleitungskapitel zur Broschüre über die Leitideebewusst auf das große Wort des Philosophen Hegel, der an der neuen Universität in Berlin nach 1810 selbst gelehrt und im Oktober 1818 formuliert hatte: Die Berliner Universität sei "die Universität des Mittelpunkts".

Die vorgelegten Ideen sollen, nachdem sie in einer Arbeitsgruppe zwei Jahre lang vorbereitet worden sind, jetzt die Diskussion über ein künftiges Leitbild bis zur Entscheidungsreife voranbringen. Zunächst werden die Leitideen in die Fakultäten und die Gruppen der Universität getragen. Nach einer breiten Diskussion, in die auch das Studentenparlament einbezogen werden soll, ist im Dezember eine Sitzung des Akademischen Senats geplant, in der eine Zwischenbilanz formuliert werden soll. Danach dürfte die weitere Diskussion im Konzil, dem großen Parlament der Universität, stattfinden. Dort müssen auch die Vorschläge für ein künftiges Leitbild gebündelt und schließlich beschlossen werden. Damit ist wohl erst im Sommersemester zu rechnen. Bei der gestrigen Auftaktdiskussion im Akademischen Senat gab es Meinungsverschiedenheiten über das weitere Vorgehen: Die Studenten möchten die weitere Arbeit am Leitbild von sofort an dem Konzilsvorstand übertragen und das nicht mehr der Arbeitsgruppe um Volker Gerhardt überlassen. Die Mehrheit der sonstigen Gremienmitglieder will die weitere Diskussion zunächst unter Federführung der bisherigen Arbeitsgruppe um Volker Gerhardt führen und erst danach ins Konzil gehen.

Keinesfalls darf es sich die Humboldt-Universität mit dem Leitbild leicht machen und ihre Ideen nur auf Außenwirkung wie in einer Werbebroschüre mit Hochglanzaufmachung verbreiten. Das betonten sowohl Volker Gerhardt als auch der Vizepräsident Heinz-Elmar Tenorth. Nicht nur die schönsten Seiten werden dargestellt. Ihre Stärken und Schwächen, vor allem die Schwächen im Nationalsozialismus, in der DDR, aber auch im Kaiserreich, sollen, soweit sie hochschulpolitischer und ideologischer Natur waren, schonungslos und noch deutlicher ausgesprochen werden als bisher, forderte Tenorth. Und die Realität muss sich in dem Leitbild wiederfinden. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass das, was erst für eine Zeitspanne bis zum großen Universitätsjubiläum im Jahr 2010 erreicht werden soll, schon heute erreicht sei.

Der neue Präsident Jürgen Mlynek betonte: Die Universität brauche Visionen, wo sie in den nächsten zehn Jahren hinwolle. Diese Visionen sollen dann als Rahmen für hochschulpolitische Maßnahmen mit einem konkreten Zeitplan und klaren Verantwortlichkeiten gelten.

Uwe Schlicht

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