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Gesundheit: Hungerkuren im Test

In der bislang größten Vergleichsstudie schneidet die kohlenhydratarme Atkins-Diät am besten ab

Noch schnell ein paar Pfunde abspecken, bevor der Frühling da ist? Kein Problem. Die schlechte Nachricht zuerst: Essen Sie kein Weißbrot mehr. Am besten, Sie essen überhaupt kein Brot mehr, keine Kartoffeln, keine Nudeln, keinen Zucker, also auch keine Cola, Fanta, Sprite, und natürlich keine Süßigkeiten mehr. Klingt hart, also kommen wir schnell zur guten Nachricht: Fleisch, auch rotes, Fisch und Eier dürfen Sie schlemmen, was das Zeug hält. Sahne und Käse? Beides okay. Vorsicht jedoch mit Gemüse und Obst! Essen Sie bloß nicht zu viel davon. Es geht hier schließlich um Ihre Linie.

Was sich nach einem schlechten Scherz anhört, hat sich in einer neuen Untersuchung als wirksamster Schlankmacher herausgestellt: Die Atkins-Diät, die wohl bekannteste Version der kohlenhydratarmen Hungerkuren („Low Carb“) nach dem US-Kardiologen Robert Atkins, schnitt im Vergleich zu drei Konkurrenzdiäten am besten ab (Studie im Fachmagazin „Jama“, Band 297, Seite 969). Die Zwei-Millionen-Dollar-Studie ist die bislang größte und längste zum Thema.

Dank Atkins verloren die Testpersonen – Frauen zwischen 20 und 50 – innerhalb eines Jahres im Schnitt 4,7 Kilogramm. Nicht nur das, auch ihr Blutdruck sank stärker als bei den anderen, und sogar ihre Blutfettwerte sahen blendend aus (was mit der Gewichtsreduktion zusammenhängt). „Viele Gesundheitsexperten, auch wir, standen den Low-Carb-Diäten entweder ablehnend oder skeptisch gegenüber“, sagt der Studienleiter Christopher Gardner von der Stanford-Universität in Kalifornien. „Sie scheint aber eine brauchbare Diät-Alternative zu sein.“

Das Verrückte ist: Die Atkins-Diät stellt alle Vorstellungen herkömmlicher Ernährungspyramiden und Schlankheitskonzepte auf den Kopf. Brot, Kartoffeln, Reis, Nudeln und andere kohlenhydratreiche Speisen stehen bei der offiziellen Ernährungspyramide ganz unten und sollten somit unsere Essensbasis bilden. Wer darüber hinaus etwas für seine Linie tun will, sollte nicht mehr , sondern weniger Fett zu sich nehmen. Low Fat statt Low Carb lautet die Standard-Devise.

So viel zur grauen Theorie. In der Praxis sieht die Sache offenbar ganz anders aus. In der Stanford-Studie zumindest brachten jene Frauen, die einer strengen fettarmen Diät („Ornish“) folgten, nach einem Jahr nur magere 2,2 Kilogramm weniger auf die Waage. Ironischerweise verloren sie lediglich halb so viel Körperfett (1,5 Prozent) wie die Atkins-Frauen (2,9 Prozent).

„Ich halte diese Studie für ausgezeichnet“, sagt der Arzt und Ernährungsforscher Herwig Ditschuneit von der Universität Ulm. „Sie zeigt, dass Atkins anderen Diäten klar überlegen ist, auch und gerade der fettarmen Strategie.“ Das Problem beim Fettverzicht sei: Wer kaum Fett zu sich nimmt, nimmt auch automatisch kaum Proteine zu sich, und Proteine wirken sättigend. Ein ordentliches Steak, und man ist fast satt. Proteine bauen außerdem Muskeln auf, und Muskeln verbrennen viel Energie. Wer zu wenig Proteine isst, verliert leicht Muskelmasse und verbraucht in der Folge weniger Energie. Mit anderen Worten: Dieselbe Kalorienzunahme macht jetzt eher dick. „Fettarme Diäten bringen nichts“, lautet deshalb Ditschuneits Urteil.

Da ist sein Kollege Thomas Ellrott von der Uni Göttingen ganz anderer Meinung. Er untersucht zurzeit Frauen, die sich entweder einer fett- oder einer kohlenhydratarmen Hungerkur verschrieben haben. Sein Befund: Beide Diäten führten nach einem Jahr zu einer Gewichtsreduktion von etwa drei Kilo. Nur in der Low-Carb-Gruppe jedoch kam es nach Ende der einjährigen Diät zu einer erneuten Gewichtszunahme. Langfristige Daten stehen noch aus.

So weiß am Ende auch keiner, wie gut die Schlankmacherprogramme für die Linie und die Gesundheit nach mehr als einem Jahr, nach zwei oder drei Jahren sind. „Ich glaube, längerfristig sind fettarme Diäten günstiger“, sagt Ellrott.

Allerdings sollte man bedenken: Jede Extremhungerkur – egal, ob man nun Kohlenhydrate oder Fette weglässt – ist für eine eher kurzfristige Gewichtsreduktion gedacht, für einige Monate also. Nicht für immer. Keine Diät kann und sollte auf Dauer eine ausgewogene Ernährung (mit etwas weniger Kalorien und etwas mehr Bewegung) ersetzen.

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