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Gesundheit: Iss und liebe mich

Wasserläufer-Weibchen füttern den Gatten bei der Paarung

Im Tierreich möchten Männchen die Weibchen oft mit Geschenken – Beutestücken oder Nahrung – für die Paarung gewinnen. Findet die Fütterung während der Begattung statt, so wird das als Bereitschaft des Männchens gewertet, sich zum Wohle des Nachwuchses zu engagieren. Doch es geht auch anders. Bei „Phoreticovelia disparata“, dem tropischen Wasserläufer, sind die Rollen vertauscht. Hier füttern die Weibchen ihre Liebhaber. Dies berichten schwedische und australische Forscher jetzt im Fachmagazin „Nature“ (Band 424; Seite 387).

Bei der erst kürzlich entdeckten, australischen Wasserläuferart handelt es sich um gesellige Räuber, die nachts auf der Suche nach Futter ausschwärmen. Die etwa drei bis vier Millimeter großen Insekten gehören zur Gattung der Wanzen. „Bei der Paarung treiben sie stundenlang über die Wasseroberfläche“, sagt Erich Weber, Zoologe an der Universität Tübingen.

Auch was die Größe betrifft, herrschen bei den Wasserläufern ungewöhnliche Verhältnisse. Die Weibchen sind wesentlich größer als die Männchen, die beim Geschlechtsakt auf dem Rücken der Partnerin sitzen. Eine hervorragende Position, um das Sekret aufzunehmen, das zwei Drüsen des weiblichen Rückens entströmt. „Die Drüsen sind nur aktiv, wenn das Männchen auf dem Weibchen reitet", schreiben die Autoren um den Evolutionsbiologen Göran Arnqvist von der schwedischen Universität Uppsala. Mit radioaktiver Markierung konnten sie nachzuweisen, dass die Läufer das weibliche Sekret massenhaft verspeisen. Sie fressen sich damit mehrere Prozent ihres Körpergewichts an.

Welchen Sinn macht es aber, dass die Wasserläufer-Weibchen sich so emanzipiert verhalten? Sind die Männchen nicht in der Lage, selbst für das Essen zu sorgen? Während der Paarung ist es jedenfalls schwierig, sagt Nils M. Andersen, Professor am Zoologischen Museum der Universität Kopenhagen. „Auf dem Rücken der Weibchen sitzend, können sie nicht wie gewohnt kleinere Insekten oder Mini-Krebse essen“.

Eine weitere mögliche Erklärung ist nicht sehr schmeichelhaft für das männliche Geschlecht. Durch die freiwillige Hochzeitsgabe möchten sich die Weibchen davor schützen, selbst von den Männchen gefressen zu werden, schreiben die Autoren. Deshalb nennen sie die am australischen Fluss „Upper Mulgrave“ beobachteten Wasserläufer auch „Zeus-Bugs“. Denn der Legende nach soll der griechische Gott Zeus seine erste Frau verspeist haben.

Die „Kannibalismus-These“ scheint dem Tübinger Zoologen Weber nicht sehr stichhaltig. Wie sollen die kleinen Männchen die großen Weibchen verspeisen können? Wasserläufer-Experte Andersen verweist dagegen darauf, dass „männlicher Kannibalismus“ häufig bei halb im Wasser lebenden Insekten vorkomme.

Paul Janositz

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