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Gesundheit: Jedem Fahrschüler seine Universität

Von George Turner, Wissenschaftssenator a.D.

Unternehmen bezeichnen das, was früher als Aus oder Weiterbildungsprogramm für Führungskräfte bekannt war, zunehmend mehr als „Corporate University“, „Firmen-Universität“ oder – in Verbindung mit dem Branchennamen Volkswagen – als Auto-Uni. Das ist oft sehr hoch gegriffen. Es suggeriert ein Niveau bei Angebot und Inhalt, das bei näherem Zusehen nicht immer zu entdecken ist.

Schon lange sind Einrichtungen mit dem Namen „Universität“ nicht mehr Institutionen, welche – universell – die Gesamtheit aller Disziplinen umfassen. Spezial-Hochschulen mit Promotions- und Habilitationsrecht wurden in der Regel um das Jahr 1970 zu Universitäten. Das war wegen ihres Status als wissenschaftliche Hochschule konsequent, wegen der internationalen Vergleichbarkeit auch von praktischer Bedeutung.

Mit der Begründung in Bezug auf den letzteren Aspekt nennen sich die Fachhochschulen „universities of applied sciences“. Manche private Gründung ist ebenfalls recht großspurig mit der Namensgebung und setzt noch ein „International“ dazu, obwohl nur zwei Studiengänge angeboten werden und die Zahl der Auszubildenden gerade mal um die 300 beträgt.

Dass Unternehmen zum Teil anspruchsvolle Programme anbieten, die universitären Ansprüchen genügen, steht außer Frage. Schließlich sind die Dozenten in der Regel erstklassige Wissenschaftler von staatlichen Universitäten. Dass es daneben auch aufgeblasene pseudo-wissenschaftliche Stundenpläne gibt, ist ebenso sicher. Der freie Wettbewerb macht es möglich. Sollte man also trotz mancher verbaler Selbstüberschätzung und damit auch vorliegender Irreführung einfach zur Tagesordnung übergehen? Nicht ganz.

Zwar ist die Bezeichnung Universität ebenso wenig geschützt wie die der Schule. Allerdings sollte dort Einhalt geboten werden, wo mit dem anmaßenden Namen Forderungen verbunden werden, wie zum Beispiel das Promotionsrecht. Spätestens an dieser Stelle ist die ordnende Hand des Staates gefragt.

Ansonsten wird man sich an den Wildwuchs gewöhnen müssen. Schon bei den staatlichen Einrichtungen des Hochschulsektors muss man genau hinsehen, von welcher Institution welches Zertifikat ausgestellt ist. Universitäten und Fachhochschulen verleihen Bachelor- und Masterabschlüsse, ohne dass erkennbar ist, welche Hochschulart dahinter steckt. Bei privaten Anbietern sind der Phantasie und Irritation keine Grenzen gesetzt, wenn etwa ein MBI (Master of Business Information) erworben werden kann. Eine Verwechselung mit dem MBA wäre ja gewiss rein zufällig und ungewollt!

Abgeschlossen dürfte die Entwicklung erst sein, wenn sich Fahrschulen „Driver’s University“ und Kindergärten „Kids’ University“ nennen mit dem „Dr. drive“ bei der Führerscheinprüfung und dem „Dipl.-Klotz“ (FH) für den unfallfreien Umgang mit Bauklötzchen.

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