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Gesundheit: Jura: Prüfungszeiten "katastrophal lang"

Rund 600 Jura-Studierende haben sich in einem offenen Brief an Justizsenator Wolfgang Wieland gewandt, um gegen die langen Prüfungszeiten zu protestieren. In keinem anderen Bundesland warten die Studierenden so lange auf ihre Prüfungsergebnisse im ersten Staatsexamen wie in Berlin.

Rund 600 Jura-Studierende haben sich in einem offenen Brief an Justizsenator Wolfgang Wieland gewandt, um gegen die langen Prüfungszeiten zu protestieren. In keinem anderen Bundesland warten die Studierenden so lange auf ihre Prüfungsergebnisse im ersten Staatsexamen wie in Berlin. Bei dem im Dezember vergangenen Jahres begonnenen Prüfungsdurchgang ist noch heute nicht absehbar, wann die vollständigen Ergebnisse vom Justizprüfungsamt (JPA) vorliegen werden. Dies bedeutet rund zehn bis elf Monate Wartezeit, in der sich die Studierenden weder auf das Referendariat, noch auf weitere Studien im Ausland oder auf einen Arbeitsplatz bewerben können.

Die Studenten machen vor allem organisatorische Mängel beim Justizprüfungsamt verantwortlich. Auch die Professoren üben massive Kritik an der Behörde. Das JPA spricht dagegen von "nur unwesentlichen Verzögerungen" und kann sich die lange Prüfungsdauer im Vergleich zu anderen Bundesländern selbst nicht erklären.

Zugespitzt hat sich die Situation in den letzten Wochen noch dadurch, dass Professoren an beiden Berliner Fakultäten es zunehmend ablehnen, die ihnen vom JPA zugeschickten Klausuren zu korrigieren. Bei den derzeitigen Studentenzahlen sei die Arbeitsbelastung nicht mehr zu bewältigen, so die Professoren. Zudem werde die Prüfungstätigkeit, die sie bei der Staatsprüfung für das JPA übernehmen, nicht mehr vergütet - im Gegensatz zur Bezahlung der beauftragten außeruniversitären Prüfer. Auf Grund einer Änderung des Berliner Hochschulgesetzes gehören Klausurkorrekturen seit kurzem zum Pflichtenkreis der Hochschullehrer, obwohl es sich beim Jura-Examen eigentlich um eine externe Staatsprüfung handelt.

Bisher hatten die Professoren viele Korrekturen freiwillig übernommen, um die Situation für die Studenten auf einem erträglichen Maß zu halten. Doch die jetzige Weisung des Prüfungsamtes zu noch mehr und unentgeltlichen Korrekturen "hat das Fass zum Überlaufen gebracht", so Rainer Schröder, Professor an der Humboldt-Universität. Der Dekan der Juristischen Fakultät der Uni, Christian Kirchner, formuliert vorsichtig: "Die Professoren setzen ihre Prioritäten gegenüber dem JPA jetzt anders." Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter sagt: "Wir befinden uns im Krieg mit dem JPA."

Inzwischen haben Professoren der HU und der Freien Universität eine Klage gegen das Land Berlin eingereicht, um die Gesetzesänderung wieder aufheben zu lassen. Eine Besserung der Lage sähe HU-Dekan Kirchner nur bei einer besseren personellen Ausstattung der Fakultäten. Unter den Studierenden wächst derweil die Frustration. Potsdamer brauchen zum Examen nur fünf Monate. In Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen beträgt die Prüfungsdauer sogar nur drei Monate. "Zählt man die anschließende Wartezeit auf einen Referendariatsplatz mit, sind die Berliner beim Abschluss der juristischen Ausbildung zwei Jahre älter als in anderen Bundesländern, ohne irgendeine Zusatzqualifikation erworben zu haben", so Annegret Korff von der kürzlich gegründeten studentischen "Examensinitiative Berlin". "Die allseits zu hörende Forderung nach einem schnellen Studium wird durch die katastrophale Examenssituation ad absurdum geführt." Franz Wegener

Mehr im Internet: www.juraexamen-berlin.de

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