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Gesundheit: Klima-Killer Methangas - wird dessen Freisetzung verhindert, könnte der Klimaschutz preiswerter werden

Bei der Klimakonferenz in Bonn sprechen die Experten in diesen Tagen vor allem über ein Treibhausgas: Kohlendioxid, das durch die Verfeuerung von Kohle, Erdöl oder Erdgas in die Atmosphäre gelangt. Wissenschaftler aus den USA monieren jedoch, dass andere Treibhausgase, insbesondere Methan, von der Weltgemeinschaft zu wenig beachtet werden.

Bei der Klimakonferenz in Bonn sprechen die Experten in diesen Tagen vor allem über ein Treibhausgas: Kohlendioxid, das durch die Verfeuerung von Kohle, Erdöl oder Erdgas in die Atmosphäre gelangt. Wissenschaftler aus den USA monieren jedoch, dass andere Treibhausgase, insbesondere Methan, von der Weltgemeinschaft zu wenig beachtet werden. In mehreren Studien weisen sie darauf hin, dass sich durch eine Vermeidung von Methan-Emissionen erhebliche Kosten einsparen lassen, wenn man die in Kyoto vereinbarten Klimaschutzziele erreichen will.

Für die USA zum Beispiel liege das Einsparpotenzial in den kommenden Jahren bei mehr als 30 Prozent, berichten Katherine Hayhoe vom Insitut für Atmosphärenforschung der University of Illinois in Urbana und ihre Kollegen in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science" (Band 286, Seite 905). John Reilly vom Massachusetts Institute of Technology hat sogar eine Kostenersparnis bis zu 60 Prozent bei Einbeziehung der Treibhausgase Methan sowie Lachgas, Fluor-Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid errechnet ("Nature", Band 401, Seite 549).

Kleine Menge, große Wirkung

Methan ist in geringerem Maße an der globalen Erwärmung beteiligt als Kohlendioxid. Es ist jedoch der 30- bis 50-fach wirksamere Klimaschadstoff: Einmal in der Atmosphäre angelangt, wirft es einen erheblich größeren Teil der Wärmestrahlung der Erde zum Boden zurück als Kohlendioxid.

Erwärmung im Paläozän

Ein Blick in die Vergangenheit lässt die Folgen starker Methan-Freisetzungen erkennen. Vor 55 Millionen Jahren verwandelte sich die Erde schon einmal innerhalb kurzer Zeit in ein Treibhaus. In den Ozeanen kletterte die Temperatur um bis zu sieben Grad, in der Arktis stieg sie weit über den Gefrierpunkt. Viele Lebewesen starben aus, darunter mehr als die Hälfte aller Foraminiferen, winzige Schalen tragende Mikroorganismen im Meer; andere, etwa die Vorgänger der Pferde, verbreiteten sich rasch.

Ursula Röhl von der Universität Bremen hat den zeitlichen Verlauf des einstigen Klimawandels gemeinsam mit anderen Forschern studiert. Auslöser für die plötzliche Klimaveränderung sei die Freisetzung von mehr als 1000 Milliarden Tonnen Methan gewesen, das am Meeresboden lagerte, sagt die Geowissenschaftlerin. "Aber man weiß nicht, wie viel Methan direkt in die Atmosphäre drang und wie viel im Ozean oxidierte." Ein Großteil der so entstandenen Treibhausgase müsse jedoch in weniger als 1000 Jahren in die Luft gegangen sein, schließt die Wissenschaftlerin aus Bohrungen im Weddell-Meer in der Antarktis.

Die Menge der Treibhausgase, die die Menschheit seit Beginn der Industrialisierung in die Luft bläst, nähert sich einer ähnlichen Größenordnung wie beim Übergang vom Paläozän zum Eozän. Kohle, Erdöl oder Erdgas, die lange im Boden gebunden waren, werden seit 150 Jahren in immer größerem Ausmaß verbrannt. Die Abgase sammeln sich in der Atmosphäre und hüllen die Erde ein. In diesem Gashaus werden die Temperaturen den Hochrechnungen der Forscher zufolge in den kommenden 100 Jahren um zwei bis drei Grad klettern.

Neben dem Kohlendioxid-Ausstoß nimmt auch die Methan-Konzentration in der Atmosphäre zu: seit Mitte der 80er Jahre um jährlich 0,6 Prozent. Das Gas entsteht, wenn organische Stoffe zersetzt werden: in Sümpfen etwa oder im Magen von Wiederkäuern. Eine Kuh, die täglich fünf Kilo Heu frisst, produziert rund 200 Liter Methan am Tag. Die Rinderzucht verschärft damit den Treibhauseffekt, ebenso der Nassreisanbau.

Abfall und Bergbau

Bei der Reduzierung der Methan-Emissionen haben Experten jedoch weniger die Landwirtschaft als vielmehr andere Quellen im Auge, die auch in Deutschland mehr als die Hälfte des Methan-Ausstoßes ausmachen: Mülldeponien, Bergbaugruben oder Erdgasleitungen. Sowohl in der Abfallwirtschaft als auch im Grubenbau hat es hierzulande nach Auskunft des Umweltbundesamtes in den vergangenen Jahren deutliche Verbesserungen gegeben. Trotzdem müssen im Zuge neuer Gesetze noch viele Müllkippen saniert werden, wobei unter anderem Methanausdünstungen vermieden und aufgefangen werden sollen.

Auch bei der Produktion und beim Transport von Erdgas entweicht Methan. Hierzulande betrifft dies vor allem städtische Netze, während die großen Erdgasleitungen über Tausende von Kilometern aus Russland zu uns laufen. Experten schätzen die Transportverluste durch Lecks in russischen Leitungen auf fünf bis zehn Prozent. Was schlecht fürs Klima ist, bringt auch wirtschaftlichen Schaden mit sich: Wer die Rohre richtig abdichtet, kann mehr Erdgas verkaufen. Länderübergreifende technische Projekte in diesem Sektor im Rahmen der Osteuropaförderung hätten daher gleich mehrfachen Nutzen.

Die US-Forscher betonen, dass Maßnahmen zur Senkung der Methan-Freisetzung schnell und preiswert, mitunter kostenneutral umgesetzt werden können. Wegen der kurzen Verweilzeit von Methan in der Atmosphäre hätte sie zudem sofortigen Einfluss auf den Klimawechsel. Trotz alledem wird die internationale Staatengemeinschaft auch künftig vor allem den Kohlendioxid-Ausstoß verringern müssen, der andere Beiträge zur globalen Erwärmung in den Schatten stellt.

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