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Gesundheit: Klonen von Menschen: Eine falsche Verheißung

Das erfolgreiche Klonen von Tieren wurde in den letzten Jahren mehrfach in der Öffentlichkeit publik gemacht. Einige Leute denken daher, diese Technik sei inzwischen so weit verbessert, dass sich ihre Anwendung auch beim Menschen rechtfertigen lasse.

Das erfolgreiche Klonen von Tieren wurde in den letzten Jahren mehrfach in der Öffentlichkeit publik gemacht. Einige Leute denken daher, diese Technik sei inzwischen so weit verbessert, dass sich ihre Anwendung auch beim Menschen rechtfertigen lasse. Ein Spezialist für In-vitro-Fertilisation und ein Reproduktionsphysiologe kündigten kürzlich an, dass sie geklonte Babys herstellen wollen. Ich würde niemals ein Kind klonen, denn zum jetzigen Zeitpunkt wäre ein solches Unterfangen extrem rücksichtslos. Die Experimente würden zu Fehlgeburten, Schwangerschaftsabbrüchen aufgrund von Entwicklungsstörungen und zu Geburten missgebildeter Kinder führen. Einige der Kinder würden sterben oder, was vielleicht sogar noch beunruhigender wäre, wohl auch leben.

Die Frage, die zu allererst gestellt werden sollte, ist die nach dem "Warum". Wenn Eltern ein Kind verlieren, werden sie womöglich aus der Verbitterung heraus über das Klonen nachdenken. Sie irren jedoch, wenn sie glauben, dass sie dadurch ihr geliebtes Kind zurückbekommen. Obwohl der Klon die gleichen Gene besitzen würde wie der Spender der DNS, macht er doch andere Erfahrungen und wächst nicht in derselben Umgebung auf; der Klon wird sich daher zu einer anderen Person entwickeln. Die Erwartung der Eltern, dass sie ihr verlorenes Kind wiedergewinnen, würde die Kopie mit der unfairen Bürde belasten, so zu werden wie das Original - die Familienbeziehungen würden darunter leiden.

Eltern wären töricht

Eine andere Begründung für das menschliche Klonen lautet, unfruchtbaren Paaren damit helfen zu können. Wenn das Kind eine exakte Kopie von Mutter oder Vater ist, werden wir aber möglicherweise auch hier mit sozialen und emotionalen Problemen konfrontiert. Wie wird wohl der Vater oder die Mutter ein Kind behandeln, das sein genetisch identischer Zwilling ist? Sie würden vermutlich glauben, besser zu wissen als das Kind, wie es sich verhalten sollte. Und das in einem noch viel größerem Ausmaß als bei einem normalen Kind. Außerdem gibt es keine Ursachen für Unfruchtbarkeit, die nur durch Klonen geheilt werden könnten. Obwohl ich die Beweggründe der Leute, die an das Klonen einer Person denken, verstehe, glaube ich dennoch, dass sie töricht sind.

In den drei Jahren seit der Geburt des Klonschafs Dolly wurden genügend Erfahrungen gesammelt, um die Risiken der gegenwärtigen Technik zu begreifen. Obwohl inzwischen bei vier weiteren Tierarten von erfolgreichem Klonen berichtet wurde (Maus, Rind, Ziege, Schwein), sind die Versuche mit mindestens vier weiteren Spezies fehl geschlagen. Auch bei den erfolgreich geklonten Tieren zeigten sich ernsthafte methodische Probleme, die zu der Schlussfolgerung zwingen, dass viele menschliche Klone mit Fehlbildungen entstehen würden.

Nur ein geringer Prozentsatz der tierischen Klone überlebte die Geburt und viele der Überlebenden starben kurze Zeit danach oder später. Geklonte Wiederkäuer sind gewöhnlich übergroß; Funktionsstörungen des Mutterkuchens sind vermutlich die Ursachen für den Tod von Embryonen in verschiedenen Stadien der Schwangerschaft. Viele Klone haben Atemnot und Kreislaufprobleme, die als Ursache für den häufigen Tod der Neugeborenen angesehen werden. Sogar scheinbar gesunde Überlebende können unter Nieren- oder Gehirnmissbildungen leiden und später sterben.

Todesfälle und Missbildungen bei den lebend geborenen Klonen treten unabhängig vom Spender der DNS auf. Das lässt vermuten, dass sowohl die hohe Sterblichkeitsrate als auch die große Zahl von Fehlbildungen durch einen Mechanismus verursacht werden, der bei allen Spezies eine Rolle spielt. Es ist daher zu erwarten, dass diese Probleme auch beim Klonen von Menschen auftreten.

Wie kann man unter diesen Voraussetzungen Versuche zum menschlichen Klonen rechtfertigen? Einer der Wissenschaftler versicherte der Öffentlichkeit im "Boston Globe" vom 26. Januar 2001: "Wir können die Embryonen genetisch überprüfen und eine Qualitätskontrolle machen." Das heißt, sie planen die gleichen Methoden zu nutzen, die zur Zeit routinemäßig in der Pränataldiagnostik angewendet werden. Die beiden Situationen sind jedoch vollkommen unterschiedlich. Die Pränataldiagnostik untersucht mit zelltechnischen Methoden die allgemeinen Chromosomenstrukturen oder versucht mit Hilfe der PCR-Technik, speziellen Gendefekten auf die Schliche zu kommen. Um dagegen Abnormitäten erkennen zu können, die durch das Klonen verursacht wurden, müsste der funktionale Status des Genoms untersucht werden. Solche Analysen sind jedoch bisher nicht möglich. Kurz: Dieses Statement ist irreführend, weil es gegenwärtig keine Methoden gibt, mit denen alle möglichen genetischen Defekte überprüft werden könnten.

Fehlbildung nicht entdeckt

Es ist schon sehr besorgniserregend, wenn ein geklontes Tier mit Fehlbildungen geboren wird. Aber es ist sicherlich noch viel schlimmer, wenn ein missgebildetes Kind produziert wird. Am Roslin-Institut wurde kürzlich ein Lamm geboren, das scheinbar in jeder Hinsicht normal war, nur atmete es sehr schnell. Wir waren nicht in der Lage, diese Abnormität zu heilen. Nach ein paar Tagen beschlossen wir, das Lamm zu töten. Wir entdeckten, dass die Blutgefäße, die zur Lunge führen, nicht normal waren. Eine Fehlbildung, die nicht entdeckt werden konnte, während das Lamm im Mutterleib war. Was aber würden die Wissenschaftler tun, wenn ein Kind mit einer solchen Fehlbildung zur Welt kommt? Wer will die Verantwortung dafür übernehmen?

Wir sind zudem sehr beunruhigt darüber, dass die verständlicherweise heftigen Reaktionen der Öffentlichkeit auf Fehlschläge beim Klonen von Menschen die seriöse Forschung mit embryonalen Stammzellen, also das therapeutische Klonen, behindern könnten. In diesem Bereich wird daran geforscht, Zellen so umzuprogrammieren, dass sie sich in jeden beliebigen Gewebetyp verwandeln lassen, beispielsweise in Gehirn-, Nerven- oder Herzzellen. Menschen, die unter Parkinson, Alzheimer oder Herzkrankheiten leiden, könnte so vielleicht geholfen werden. In dieser Hinsicht wird das therapeutische Klonen überaus nützlich sein und die Forschung in diesem Bereich sollte in keiner Weise mit dem Klonen von Menschen in Beziehung gebracht werden.

Zusammenfassend glauben wir, dass jeder Versuch, einen Menschen zu klonen, mit dem gegenwärtigen Wissensstand gefährlich und unverantwortlich ist. Wenn diese unüberlegten Versuche tatsächlich erlaubt und ausgeführt werden, schaffen wir noch nie dagewesene soziale Probleme. Die betroffenen Individuen werden großes Elend erleiden. Außerdem werden solche skrupellosen Aktionen all jene in Verruf bringen, die seriöse Wissenschaft im Bereich der menschlichen Entwicklung und der Stammzellforschung betreiben. Zwei Forschungsgebiete, die die künftige Medizin entscheidend prägen werden.

Ian Wilmut

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