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Gesundheit: Klonen von Menschen: "Wir haben den Rubikon schon überschritten"

Wollen wir den "Menschen nach Maß"? Wer dieser Tage eine Podiumsdiskussion zur Medizin der Zukunft unter diese rhetorische Frage setzt - wie am Montag die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die "Berliner Zeitung" -, wird nicht ernsthaft dem biotechnisch verbesserten Designer-Menschen das Wort reden.

Wollen wir den "Menschen nach Maß"? Wer dieser Tage eine Podiumsdiskussion zur Medizin der Zukunft unter diese rhetorische Frage setzt - wie am Montag die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die "Berliner Zeitung" -, wird nicht ernsthaft dem biotechnisch verbesserten Designer-Menschen das Wort reden. Dabei lassen wir gern unter den Tisch fallen, welche Bedeutung Schönheit, perfekter Körper und Gesundheit haben. Und wir verschweigen auch, welche Anstrengungen jede Gesellschaft unternimmt, um Menschen nach ihrem Maß zu formen - wenn auch nur geistig.

Auf dem Podium versammelt waren moderat gestimmte Freunde des medizinischen Fortschritts, weder Kritiker, noch zu radikale Befürworter. Diskutiert wurde über Themen wie den Gen-Check beim Reagenzglas-Embryo ("Präimplantationsdiagnostik"), therapeutisches Klonen, Stammzellen und Gen-Tests. Zwar blieb ein harter Schlagabtausch aus, doch ermöglichte das den Teilnehmern, ihre Positionen in aller Ruhe darzustellen.

Im Falle des Kulturstaatsministers Julian Nida-Rümelin schien das auch nötig zu sein. Seit Nida-Rümelin im Tagesspiegel vor einigen Monaten dem Embryo eine auf Selbstachtung beruhende Menschenwürde abgesprochen hatte, hagelte es Proteste. Die Kritiker halten den Bioethiker nun für den ideologischen Erfüllungsgehilfen seines technikfreundlichen Kanzlers, für einen Mann, der sein philosophisches Prinzip - der Zweck heiligt nicht die Mittel - auf dem Altar der Macht opferte.

Nida-Rümelin dagegen sieht sich als Opfer von Missverständnissen und von Unterstellungen; von seiner Meinung ist er nicht abgerückt. Für ihn ist es keine Frage, dass die Schutzwürdigkeit des menschlichen Lebens allmählich zunimmt. "Wir sind alle der Meinung, dass es moralisch unzulässig wäre, bei einem Notfall statt eines Kindes eine befruchtete Eizelle zu retten", sagte er.

Im Widerspruch zur gesellschaftlichen Konvention - und natürlich zum Kulturstaatsminister - steht die katholische Kirche. Sie setzt das menschliche Leben als solches absolut, und zwar bereits von der befruchteten Eizelle an. Diese Sichtweise rührt noch von Aristoteles und Thomas von Aquin her, erläuterte der evangelische Theologe Richard Schröder von der Humboldt-Universität. Die katholische Kirche halte natürliche Prozesse von sich aus für normbildend. "Es ist alles zu unterlassen, was den Weg von der befruchteten Eizelle bis zur Geburt verhindert", erläuterte er.

"Sehr viel kritischer" betrachte die evangelische Kirche dieses Konzept. Sie sehe nicht nur die Zielstrebigkeit bei der Menschwerdung, sondern auch die "ungeheure Verschwendung" von Spermien und Eizellen, deren Existenz meist nicht zu einem Kind führten. Wenn die Natur die Norm sei, dann sei auch der Kampf ums Dasein als solcher legitim, kritisierte Schröder.

Für die evangelische Theologie besitze der Mensch größere Freiheit, dafür könne sie nicht "so schön prinzipiell" antworten wie die katholische Lehre. "Es sind Fälle denkbar, wo in unseren Augen Abtreibung das kleinere Übel ist."

"Mit der künstlichen Befruchtung haben wir den Rubikon überschritten", sagte Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Da klang fast so etwas wie Selbstkritik durch. Heute würden in Deutschland jedes Jahr 8000 Babies im Reagenzglas gezeugt. "Wer A sagt, muss auch B sagen", merkte Winnacker in Richtung auf Präimplantationsdiagnostik und embryonale Stammzellen an. Und therapeutisches Klonen? Sobald in Großbritannien, wo das Verfahren erlaubt ist, mit ihrer Hilfe ein medizinischer Durchbruch erzielt werden wird, werden auch bei uns "die Diskussionen weggefegt sein", prophezeite der Genforscher.

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