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Gesundheit: Kosten und Nutzen des Naturschutzes halten sich die Waage

Wirtschaftswissenschaftler berechnete die Werte für das Gebiet Schorfheide-Chorin - Nutzen an der Zahlungsbereitschaft für einen Besuch bemessenDer Name Biosphärenreservat (BR) lässt eher an Wälder mit reißenden Flüssen und an uniformierte Ranger in Kanada denken als an Naherholungsgebiete in Brandenburg. Doch auch vor den Toren Berlins liegen solche Kombinationen aus Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten.

Wirtschaftswissenschaftler berechnete die Werte für das Gebiet Schorfheide-Chorin - Nutzen an der Zahlungsbereitschaft für einen Besuch bemessen

Der Name Biosphärenreservat (BR) lässt eher an Wälder mit reißenden Flüssen und an uniformierte Ranger in Kanada denken als an Naherholungsgebiete in Brandenburg. Doch auch vor den Toren Berlins liegen solche Kombinationen aus Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten. Solche großflächigen Regionen sind weltweit anzutreffen und dienen dem Schutz der Natur, ohne den Menschen völlig auszuschließen, sondern ihn mit seinen privaten und wirtschaftlichen Aktivitäten zu integrieren.

Das klingt gut, ist aber in der Praxis mit einer Reihe von Problemen verbunden. Insbesondere dann, wenn in der Diskussion die Entscheidung zwischen Naturschutz oder Arbeitsplätzen polarisiert wird. Neun Jahre nach der Ausweisung des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin, nördlich von Berlin, stellt sich die Frage, was der Natur- und Landschaftsschutz auf einer Fläche, die immerhin eineinhalb Mal so groß wie Berlin ist, den Steuerzahler in Brandenburg kostet oder ob es ihn überhaupt etwas kostet.

Diese Frage ist aus verschiedenen Gründen interessant. Erstens gab es nach der Wende große Landschaftsflächen, die vor allem auf Grund landwirtschaftlicher Übernutzung stark belastet waren und einer längerfristigen Sanierung bedurften. Zweitens ist im "Speckgürtel" von Berlin die Nachfrage nach Erholungsgebieten besonders hoch - das führt zu zusätzlichen Belastungen des Ökosystems, insbesondere von Seen und Waldgebieten. Nur eine umweltverträgliche und langfristig angelegte Wirtschafts- und Tourismusplanung, wie sie auch in den Zielen des Biosphärenreservates formuliert worden ist, kann hier helfen.

Aus diesem Grund wurden Kosten und Nutzen ermittelt, also alles, was sich mit dem Biosphärenreservat in Geldeinheiten ausdrücken lässt. Die Gesamtkosten bestehen größtenteils aus Verwaltungsmitteln und lagen im Untersuchungszeitraum von 1992 bis 1996 bei durchschnittlich rund 7,4 Millionen Mark pro Jahr, oder bei rund 57 Mark pro Hektar und Jahr. Darunter fallen auch Kosten, die durch die besonderen Bestimmungen und Auflagen des Biosphärenreservates entstehen, etwa höhere Anforderungen an Ausgleichsmaßnahmen von Bauprojekten. Diese Zusatzkosten belaufen sich auf knapp sechs Prozent der Gesamtkosten.

Die Ermittlung des Nutzens des Naturschutzes gestaltet sich dagegen deutlich schwieriger. Ideologische, ästhetische und psychologisch begründete Einflüsse auf die menschliche Wahrnehmung können nur unvollständig erfasst werden und der aus diesen Einflüssen resultierende Teil der Wertschätzung für ein Biosphärenreservat kann somit nicht in Geld ausgedrückt werden. Die Untersuchung des Nutzens konzentriert sich daher auf die Wertschätzung der Bewohner und der Besucher des Gebietes für die Umwelt- und Erholungsleistungen, die im Biosphärenreservat angeboten werden. Die ermittelte Zahlungsbereitschaft für die Erhaltung dieses Schutzgebietes von gut 50 Mark pro Bewohner und Jahr oder von drei Mark pro Besucher liegt im Trend vergleichbarer Studien in Deutschland.

Um die Frage nach dem Nutzen beantworten zu können, müssen diese individuellen Wertschätzungen auf alle Bewohner und Besucher des Biosphärenreservates hochgerechnet werden. Das Problem liegt hierbei in der Abgrenzung des Gebietes. Bewohner der angrenzenden Kommunen, wie Eberswalde, Angermünde und Templin, würden unberücksichtigt bleiben, wenn sie nicht zufällig als Besucher erfasst werden. Dies ist aber wenig wahrscheinlich, da sie wohl mehr als Bewohner der angrenzenden Region zu betrachten sind, die das Gebiet im gleichen Umfang nutzen können wie die Bewohner des Biosphärenreservates. Die gesamte und um Verzerrungen bereinigte Zahlungsbereitschaft der Besucher des Biosphärenreservates sowie der Bewohner dieser Region einschließlich der umliegenden Kommunen liegt bei durchschnittlich rund 7,45 Millionen Mark pro Jahr. Damit besteht ein ausgeglichenes Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Mit dieser Untersuchung kann also gezeigt werden, dass ein solches Großschutzgebiet nicht automatisch zu Wohlfahrtsverlusten führt, sondern einen mindestens gleichwertigen Wohlfahrtsgewinn hervorrufen kann. Dies ist um so wichtiger, als in umweltpolitischen Diskussionen immer wieder auf die hohen volkswirtschaftlichen Kosten des Naturschutzes hingewiesen wird.

Die genauere Betrachtung des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin zeigt, dass zwar Kosten - vor allem in Form von Haushaltsmitteln - entstehen, diese aber der Sanierung von belasteten Flächen und der Erhöhung der Umweltqualität dienen. Hinzu kommt allerdings, dass die Nutzung dieser neu geschaffenen Umwelt- und Erholungswerte auch umweltverträglich gestaltet werden muss. Durch die Einrichtung des Umweltinformationszentrums "Blumberger Mühle" bei Angermünde und die verstärkte Tourismusaktivität im Norden des Reservates kann zumindest ein Teil der immensen Besucherbelastung im Süden des Gebietes reduziert werden. Hohe Kosten entstehen mehr durch eine ineffiziente Umsetzung als durch die Ziele des Naturschutzes selbst.

Mit der Kenntnis der vorhandenen Wertschätzung und des ausgeglichenen KostenNutzen-Verhältnisses können schließlich auch die Leistungen des Biosphärenreservates besser vermarktet werden. Außerdem erscheint dann die Verwendung öffentlicher Mittel zur Erhaltung des Schutzgebiets plausibel. Naturschutz muss auch angesichts der vielen Besucher kontrolliert werden. Ranger gibt es eben nicht nur in Kanada, sondern auch in Brandenburg, nur heißen sie dort Naturwacht.

Ergänzung:

Die Forschungsarbeit wurde durchgeführt im Fachgebiet "Ressourcenökonomie" des Instituts für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus,Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin.Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der TU Chemnitz.

Seine Studie zur "Methodik umweltökonomischer Bewertungsverfahren - Kosten und Nutzen des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin" erschien im Transfer Verlag, Regensburg, ISBN 3-86016-079-6, 52 Mark.

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an de

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