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Kampf den Keimen. Hygiene spielt eine große Rolle bei hochkomplexen Operationen.

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Krankenhausinfektionen: Alles unter Kontrolle

Bei Infektionsausbrüchen im Krankenhaus gelten strenge Regeln – Risikobereiche bedürfen einer besonderen Überwachung.

Das europäische Zentrum für Krankheitsvermeidung und Kontrolle (ECDC) schätzt, dass in Europa jährlich vier Millionen Menschen an Infektionen erkranken, die mit der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zusammenhängen. Die Zahl der Todesfälle als direkte Konsequenz von Infektionen wird auf rund 37 000 Fälle geschätzt. Meist treten diese Infektionen einzeln auf, kommt es jedoch zu einer Häufung, dann spricht man von einem Infektionsausbruch.

Der Begriff eines Infektionsausbruchs unterliegt einer strengen Definition. Die Betroffenen müssen infiziert sein, das heißt, dass bei ihnen ein Erregernachweis im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten stattgefunden hat und nicht nur Keime an der Körperoberfläche ohne Entzündungszeichen nachgewiesen wurden. Von einem Ausbruch spricht man dann, wenn zwei Personen durch einen identischen Infektionserreger oder an derselben Infektion in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erkranken.

Wird die Infektion im Krankenhaus erworben, handelt es sich um eine nosokomiale Infektion. Das Infektionsschutzgesetz schreibt vor, dass das Gesundheitsamt unverzüglich über das gehäufte Auftreten nosokomialer Infektionen informiert werden muss, wenn ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Die Meldung erfolgt ohne Namensnennung der Patienten.

Infizierte Patienten werden isoliert behandelt

Epidemische Infektionsausbrüche treten gehäuft in Risikobereichen auf wie in der Neonatologie, der Intensivmedizin und im Bereich der Tumorbehandlung wegen der Abwehrschwäche der dort behandelten Patienten. Zur Risikominimierung werden in diesen Bereichen schon vorbeugend Abstriche auf mögliche Infektionserreger insbesondere auf multiresistente Erreger gemacht, also auf solche, bei denen mehrere Antibiotikaklassen nicht mehr wirksam sind. Sollten solche Bakterien nachgewiesen werden, dann werden diese Patienten vorsorglich isoliert um die Übertragung auf andere Patienten zu verhindern.

Treten bei Patienten Entzündungszeichen auf, so werden Bakterienkulturen aus dem Blut und Körperflüssigkeiten angelegt. Sollte sich dabei derselbe Erreger zweimal in einem Zimmer oder auf einer Station finden, dann wird nach Infektionsschutzgesetz das Gesundheitsamt informiert.

Zeitgleich werden diese Patienten isoliert und bei allen anderen Patienten in diesem Bereich kritisch nach Infektionen gesucht. Sollte es zu weiteren Infektionen kommen und ist der Zusammenhang noch unklar, so wird ein Ausbruchsteam zusammengerufen, das aus den behandelnden Ärzten, der Krankenhaushygiene, dem Amtsarzt und der Krankenhausleitung besteht. Dieses Team koordiniert alle Maßnahmen, die eine Weiterverbreitung verhindern sollen.

Dazu gehören Isolierung in Einzelzimmer oder eine sogenannte Kohorten-Isolierung gleichartig Betroffener. Auch das Personal wird wenn möglich in die Behandlung Betroffener und nichtbetroffener aufgeteilt und es nutzt Kittel und Handschuhe neben der üblichen Händehygiene, um die Weiterverbreitung zu stoppen.

Jeder Ausbruch belastet Patienten und das Personal

Alle übrigen Patienten des betroffenen Bereichs werden regelmäßig durch Abstriche von der Haut oder aus dem Enddarm auf eine Übertragung des Keims untersucht. Auch versucht das Ausbruchsteam den Übertragungsweg zu rekonstruieren. Dies schließt Maßnahmen ein wie Abstriche von Gegenständen in der Patientenumgebung, Kulturen von Infusionslösungen, Medizingeräten und auch Abklatschuntersuchungen der Hände des Personals.

Daneben wird das Personal des betroffenen Bereichs erneut intensiv in Hygienefragen fortgebildet. Wenn erforderlich, wird für den betroffenen Bereich ein Aufnahmestopp verfügt, um den Betreuungsschlüssel für das Personal zu verbessern und eine weitere Verbreitung zu verhindern.

Jeder Ausbruch, der die genannten Maßnahmen erfordert, ist sehr belastend für die Patienten, ihre Angehörigen und das Personal. Deshalb ist viel Kommunikation und Aufklärung in einer solchen Situation nötig – insbesondere wenn es zu einer Skandalisierung durch Öffentlichkeit und Medien kommt.

Prävention ist entscheidend

Sollte es sich um einen schwerwiegenden Ausbruch handeln mit entweder vielen Betroffenen oder mit Todesfällen, können die Gesundheitsbehörden auch das Robert-Koch-Institut (RKI) zur Beratung anfordern. Letzteres konzentriert sich auf die Beratung hinsichtlich der ergriffenen Maßnahmen und auf die Aufklärung von noch unklaren Übertragungswegen bis hin zu sogenannten retrospektiven Kohorten- oder Fall-Kontroll-Studien. Letztere sind Vergleichsuntersuchungen zwischen einer betroffenen und einer nichtbetroffenen Patientengruppe mit dem Ziel, anhand von Unterschieden in Vorgehensweisen, Anwendung von Geräten, Kontaktpersonen und anderem einen Beitrag zur Aufklärung des Ausbruchsgeschehens zu leisten. Mitunter, aber bei weitem nicht immer, gelingt dies.

Wichtigste Maßnahme ist jedoch, das Auftreten von Ausbrüchen soweit als möglich zu verhindern. Das beginnt mit der Identifizierung von Risikopatienten nach den Richtlinien des RKI. Zu solchen zählen Patienten, die aus ausländischen Gesundheitseinrichtungen kommen, da bekannt ist, dass es insbesondere in Asien, aber auch im Mittelmeerraum gehäuft antibiotikaresistente Keime gibt.

Als potenzielles Risiko werden Patienten eingeschätzt, die zuvor bereits in einem Krankenhaus waren, oder aus einer Pflege- oder Dialyseeinrichtung kommen, ebenso wie Patienten mit chronischen Wunden. Zur Vermeidung von Infektionen bei Frühgeborenen macht es Sinn, die Mütter zu untersuchen, da Keime bei und nach der Geburt leicht auf das Kind weitergegeben werden können.

Der Autor ist Ärztlicher Direktor der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Ulrich Frei

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