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Gesundheit: Lehrer fehlen überall

Trotz schlechter Pisa-Ergebnisse wurden 4600 Pädagogen weniger eingestellt als empfohlen

Scharfe Kritik an der Schulpolitik der Bundesländer hat gestern die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) geäußert. Besonders absurd sei deren Einstellungspolitik, sagte der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne in Berlin. So hätten nicht nur die jüngsten Pisa-Ergebnisse gezeigt, „dass an den Schulen dringend Lehrkräfte gebraucht werden“. Auch eine Prognose der Kultusministerkonferenz (KMK) zeigt, dass allein in diesem Jahr 27 000 neue Lehrer notwendig wären. Eingestellt wurden aber nur 22 400, also 4600 Lehrer weniger. „Offenbar sind den Bundesländern die Pisa-Ergebnisse nicht wichtig“, sagt Thöne. Schüler individuell stärker zu fördern, wie es die Pisa-Studie fordert, sei unter den gegenwärtigen Bedingungen jedenfalls kaum möglich.

Zum dritten Mal sind die Länder schon hinter der KMK-Prognose zurückgeblieben, die den Lehrerbedarf bis 2015 festgeschrieben hat. Insgesamt fehlen danach bereits heute 15 000 Lehrer. „Es geht also nicht mehr darum, die Zukunft schwarz zu sehen. Die Situation in den Schulen ist bereits heute dramatisch“, sagt der GEW-Vorsitzende. Reformen wie der Ausbau von Ganztagsschulen seien unter diesen Bedingungen unmöglich. Ähnlich hatte auch der Philologenverband den „akuten Lehrermangel“ jüngst kritisiert und „Notmaßnahmen“ gefordert.

Die KMK habe ihr Soll erfüllt, erklärte Präsidentin Johanna Wanka (CDU) gestern in einer Stellungnahme. „Länder und Kultusministerkonferenz haben vielfältige Maßnahmen ergriffen, um auf die sich abzeichnende Situation zu reagieren.“ Dazu gehörten die Kampagne zur gesellschaftlichen Anerkennung des Lehrerberufs, die Nach- und Weiterqualifizierung der Lehrkräfte für Mangelfächer oder der erleichterte Zugang für Seiteneinsteiger.

Ob es ratsam ist, jetzt ein Lehramtsstudium aufzunehmen – dazu wollten die Experten gestern keine Empfehlungen abgeben. Denn nicht nur länderspezifische demografische Entwicklungen oder Fächerkombination spielten hier eine Rolle, sondern auch öffentliche Haushalte oder die Nachfrage nach den verschiedenen Schularten, hieß es.

Derzeit ist in Bayern, dem Pisa-Spitzenreiter, die Situation am besten – für Lehrer und Schüler. Ein 15-Jähriger erhält hier innerhalb von neun Schuljahren umgerechnet ein Jahr mehr Unterricht als ein Altersgenosse in Brandenburg: Ebenso ist auch die Anzahl der Pflichtstunden für Lehrer deutlich niedriger. Während ein Lehrer in Bayern nur 140 Schüler in einem dreistündigen Korrekturfach pro Jahr betreut, sind es in anderen Bundesländern 200 Schüler. Und: Gute Job-Chancen haben im Moment überall Lehrer für Informatik oder Spanisch.

Heike Foerster

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