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Gesundheit: Lehrermangel: Größter Generationenwechsel

Lehrer sind wieder gesucht. Nachdem der Lehrberuf jahrelang als Sinnbild der Arbeitslosigkeit und Reservoir der Taxisfahrer-Innung gegolten hatte, verständigen sich die Kultusminister jetzt über Regeln für die gegenseitige Abwerbung von Pädagogen.

Lehrer sind wieder gesucht. Nachdem der Lehrberuf jahrelang als Sinnbild der Arbeitslosigkeit und Reservoir der Taxisfahrer-Innung gegolten hatte, verständigen sich die Kultusminister jetzt über Regeln für die gegenseitige Abwerbung von Pädagogen. Mit einer großen Werbeaktion an den Schulen und einer Lehrerkampage wollen die Minister den großen Bedarf decken. Das war im Kreis der Länderminister unstrittig, als sie am Donnerstag zu ihrer Plenarberatung in Hannover zusammenkamen.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Annette Schavan (CDU), sieht einen bundesweiten Arbeitsmarkt für Lehrer als notwendig an. Wer bisher die hohen Hürden für den Wechsel eines Lehrers innerhalb der Bundesrepublik kannte, kann daran allerdings kaum glauben. Nun soll zunächst einmal die Regelung fallen, wonach ein Pädagoge für den Wechsel in ein anderes Land immer einen Tauschpartner finden musste. Mit der Kampagne will Schavan ins öffentliche Bewusstsein rücken, dass es quer durch alle Fächer Tausende von Arbeitsplätzen für Lehrer gibt. Der Bildungsforscher Klaus Klemm geht wegen der hohen Pensionierungszahlen in den Jahren 2005 bis 2010 von jährlich 25 000 bis 30 000 Neueinstellungen aus. Schon heute fehlen mehrere tausend Berufsschullehrer.

Doch wie kam es zu diesem Wandel? In den Lehrerzimmern steht jetzt der größte Generationenwechsel seit 25 Jahren bevor. Nach jüngsten Erhebungen reicht die Zahl der Lehramtsstudenten für den Ersatz nicht aus. Rund 750 000 Lehrer arbeiten bundesweit an den Schulen. Vor zwei Jahren reichten den Ländern noch etwa 21 000 Neueinstellungen.

Zu heftigen Auseinandersetzungen kam es in der Kultusministerkonferenz, als Hessen im vergangenen Jahr versuchte, mit großen Anzeigen in überregionalen Zeitungen Lehrer aus anderen Bundesländern abzuwerben. Die CDU stand mit ihrem Wahlkampfversprechen im Wort, Lehrer einzustellen bis kein Unterricht mehr ausfiel. Damit tut sie sich schwer. Auch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen erreichte im vergangenen Jahr mit 6000 Neueinstellungen einen Rekord.

Nicht alle haben Chancen

Doch längst nicht in allen Bereichen herrscht Lehrermangel: Für Grundschulen gilt das zur Zeit keineswegs. Auch wer sich mit einem Abschluss für das Lehramt an Gymnasien beispielsweise mit den Fächern Deutsch und Gesellschaftswissenschaften bewirbt, hat nach wie vor schlechte Chancen. Doch in den alten Problemfeldern hat sich der Mangel ungeheuer verschärft.

Am besten bringt es wahrscheinlich die Stellenausschreibung auf der Internet-Homepage des Kultusministeriums Nordrhein-Westfalen auf den Punkt: "Nordrhein-Westfalen stellt ein: 2200 Lehrerinnen und Lehrer". Gesucht wird für Haupt- und Realschulen, Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs. "Alle geeigneten Bewerberinnen und Bewerber werden ab sofort in volle Beamtenstellen auf Lebenszeit eingestellt" - an Gymnasien und Gesamtschulen Anbieter von Mangelfachkombinationen sogar als Studienräte. Benötigte Fächer: Informatik, Mathematik, Physik, Chemie, Technik, Englisch, Musik und berufliche Fachrichtungen.

Wie in NRW ist die Situation inzwischen in fast allen Ländern. Auch Ostdeutschland mit seinem Lehrerüberhang in weiten Bereichen hat Bedarf an Berufsschulen oder beispielsweise in den modernen Sprachen. Die Berufsschulen bilden seit längerem immer mehr Jugendliche aus, die ansonsten keine Lehrstelle finden und brauchen deshalb mehr Lehrer. Aber schon früher konnte hier immer nur ein Teil der Stellen besetzt werden. Der Lehrermangel in Naturwissenschaften und Technik wird inzwischen durch die Entwicklung auf dem Gesamtarbeitsmarkt verschärft. Wer als Informatiker in der Wirtschaft mit über 100 000 Mark Jahresgehalt als Berufsanfänger einsteigen kann, wird es sich zweimal überlegen, ob er für viel weniger Geld unterrichten möchte. Da hilft auch die Aussicht auf eine volle Beamtenstelle wenig. Versuche der Länder, die Lehrerbesoldung zu senken, sind erst einmal vom Tisch.

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