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MEDIZIN Männer: Der Pionier der Zellforschung

ROBERT REMAK Ginge es in der Geschichte gerecht zu, wäre uns der Name Robert Remak heute ein Begriff. Doch den distinguierten Herrn kennen nur noch Gynäkologen, seinen Kommilitonen Rudolf Virchow dagegen die ganze Welt.

ROBERT REMAK

Ginge es in der Geschichte gerecht zu, wäre uns der Name Robert Remak heute ein Begriff. Doch den distinguierten Herrn kennen nur noch Gynäkologen, seinen Kommilitonen Rudolf Virchow dagegen die ganze Welt. Remaks Medizinerkarriere an der Friedrich-Wilhelm-Universität kommt schnell in Gang. Als 21-Jähriger mikroskopiert er Nerven, beschreibt als Erster die Struktur der Nervenzellen und den leitenden Teil der Nervenfasern, das Axon. Er ist begeistert von den Gedanken seines Doktorvaters Johannes Peter Müller. Dessen Werk spiegelt den Übergang von der naturphilosophischen zur naturwissenschaftlichen Medizin wider. Mit Virchow und Remak hat er junge Talente, die seine Begriffe von Experiment und Beobachtung anwenden und erweitern. Für die Jungen ist der Körper naturwissenschaftlich beschreibbar, sie fragen nach seiner Funktionalität. Remaks Aussichten sind nur in einem Punkt getrübt: Er ist Jude.

Nach der Dissertation holt ihn Johann Schönlein 1842 an seine Klinik. Schönlein wurde mit neuen diagnostischen Verfahren berühmt, Ende der 30er Jahre gehen ihm aber die Ideen aus, nur Kritiker und Neider sind ihm geblieben. Er hat Remaks Potenzial zu revolutionären Neuentdeckungen erkannt, zudem will er Mediziner an der Charité, die nicht davor zu Militärärzten ausgebildet wurden. Der Plan geht auf, Remak entdeckt die embryonalen Keimblätter. Die drei Anlagen der inneren Organsysteme sind die Grundlage der modernen Embryologie.

Remaks Ziel ist eine feste Professur. Jüdischen Bürgern ist es aber seit 1822 wieder untersagt, staatliche Lehrämter zu besetzen. Den Trick, mit dem sich die Diskriminierung umgehen lässt, lehnt er ab: „Auch habe ich von jeher den größten Widerwillen gegen den Gedanken, durch Religionswechsel äußere Vorteile zu erlangen.“ Also bekommt Virchow die Professur, auf die er gehofft hat. Virchow empfiehlt ihn in Krakau, wo man ihn mit Kusshand nehmen würde. Remak aber will sich in Berlin etablieren. Alexander von Humboldts Bitte an den König ist es zu verdanken, dass er sich habilitieren darf. Er wird extraordinärer Professor und der erste jüdische Wissenschaftler mit Lehrerlaubnis an der medizinischen Fakultät.

Remak hatte bereits Anfang der 50er Jahre festgestellt, dass Zellen durch Zellteilung entstehen. Mit einem Kollegen entdeckte er anhand von Tumoren, dass das auch für kranke Zellen gilt. Am Ende werden diese Erkenntnisse Virchow zugeschrieben. In seinem Aufsatz über die Zellteilung hat er „vergessen“, Remak als Erstbeschreiber zu erwähnen. Dafür ist ihm aber ein griffiger Satz eingefallen: „Omnis cellula e cellula“, jede Zelle kommt aus einer Zelle. Eine Plagiatskommission gibt es an der Berliner Universität noch nicht.

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