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Berufe erkunden und praktisch lernen: Wie Schüler bei Pisa und im Leben besser abschneiden

Unternehmen beklagen sich seit langem darüber, dass Jugendliche nicht „ausbildungsfähig“ sind, weil ihnen Grundlagen in Deutsch und Mathematik fehlen. Die Pisa-Studie mit ihrem Bundesländer-Ranking, die am morgigen Donnerstag veröffentlicht wird, dürfte diese Defizite vor allem bei Haupt- und Gesamtschülern erneut bestätigen. Auf der anderen Seite klagen Jugendliche über Perspektivlosigkeit, Lehrstellenmangel und praxisfernen Unterricht. Eine ganzheitliche Lösung dieser Problemlage ist nicht in Sicht.

Der Sozialwissenschaftler Hans-Jürgen von Wensierski (Uni Rostock) setzt sich für eine „berufsfrühorientierende Jugendbildung“ ein: Lesefähigkeit und Rechenkunst seien nicht alles. Die Schulung von alltagspraktischer Lösungskompetenz und die Differenzierung der Berufswünsche seien ebenso wichtig wie gute Noten, erklärt von Wensierski. Der Sozialwissenschaftler hat für die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung die Berufsfrühorientierung in Mecklenburg-Vorpommern evaluiert. Eine Publikation über diese und andere Studien zur Beschäftigungsfähigkeit hat die Stiftung jetzt in Berlin vorgestellt.

Einerseits gebe es eine starke Diskrepanz zwischen den Berufswünschen und der Situation auf dem Arbeitsmarkt, stellt von Wensierski fest. Die Jungs wollen am liebsten Autoschlosser werden, die Mädchen gerne Frisörin oder Arzthelferin. Der Arbeitsmarkt halte bei weitem nicht genug Ausbildungsstellen in diesen Berufen bereit. „Wenn man will, dass die Jugendlichen sich anderen Berufen öffnen, muss man ihnen Perspektiven aufzeigen“, sagt der Forscher. Eine halbe Stunde beim Berufsberater des Arbeitsamtes könne nicht die in der Sozialisierung gewachsenen Wünsche umwerfen. „Ganz wichtig ist die Handlungsebene“ – in konkreten Projekten zum Ausprobieren.

In diesen könnten sich die Schüler Kompetenzen aneignen, die über das Schulische hinausgehen – in Schülerfirmen oder durch „praktische Berufserkundungen“: Ein bis zwei Wochen lang in den Sommerferien arbeiten Schüler in Werkstätten, im Bioanbau oder bei einem Bootsverleih.

„Wir wollen einen kleinen Kontrapunkt setzen“, sagt Heike Kahl, DKJS-Geschäftsführerin. Zusätzliche Arbeitsplätze könne die Stiftung nicht schaffen. Es sei aber unerlässlich, auch in strukturschwachen Regionen nach Wegen suchen, junge Menschen mit den Fähigkeiten auszustatten, die sie brauchen, um sich in einer schwierigen und komplexen Arbeitswelt zurechtzufinden.

Und da kommt auch wieder Pisa ins Spiel: Bei den Testaufgaben wird nicht nur Wissen abgefragt, sondern auch nach alltagspraktischer Lösungskompetenz. Zwar haben die deutschen Schüler beim internationalen Vergleich von 2003, der im Dezember 2004 veröffentlicht wurde, leicht überdurchschnittlich abgeschnitten. Aber es gebe noch immer zu viel Frontalunterricht auf der Basis von Wissensvermittlung, sagt von Wensierski. „Wir brauchen stärker projektbezogenen Unterricht.“

Infos zum Buch im Internet:

www.budrich-verlag.de

Jan-Oliver Schütz

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