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Gesundheit: Meisterschüler: "Malen sie meinen Mops!"

Das Brautkleid ist grün. Es erhebt sich über einem ebenfalls grünen Schiff.

Das Brautkleid ist grün. Es erhebt sich über einem ebenfalls grünen Schiff. Das erinnert an eine Arche und gleitet durch eine blaue Wiese. "Die Assoziation des biblischen Wasserfahrzeuges fiel mir allerdings erst auf, als ich das Bild vollendet hatte", sagt die Malerin Heide Völker, Absolventin der Hochschule der Künste. Sie stammt aus Aurich, einer Gegend, in der Ozeandampfer mitten in der Landschaft keine Seltenheit sind. Schließlich baut in Papenburg die Meyer Werft ihre Schiffe. Vielleicht ist der Künstlerin die Heirat wie die Ankunft auf einer Arche erschienen.

Das Bild ist allerdings ebenso wenig verkauft wie die übrigen Exponate von Meisterschülern der HDK, die bis zum 10. Oktober im Roten Rathaus sehen sind. Nach einem Studium vom Verkauf der eigenen Arbeiten zu leben ist nicht einfach. Mit der Abschlussprüfung als Meisterschüler stehen die Studenten einem Kunstmarkt gegenüber, der nicht unbedingt auf ihre Arbeiten gewartet hat. Stets bleibt der Schritt aus dem geschützten Elfenbeinturm der Hochschule hinaus ein schwieriger.

"Um nicht die Galerien abklappern zu müssen, habe ich noch ein Lehramtsstudium abgeschlossen", sagt Völkner. Sie fand damit eine Brücke zwischen Kunst und Broterwerb. "Die Arbeiten, die ich für die beiden Abschlussprüfungen machen musste, waren gar nicht so verschieden", sagt sie. Für sie und für andere Absolventen eines Kunststudiums ist es günstig, sich noch ein weiteres Standbein zu schaffen. Auch Jobs, die völlig außerhalb des Bereichs liegen, sind dabei für viele Absolventen denkbar.

Kein Königsweg in die Galerien

"Die Arbeit in der Agentur kostet mich viel Kraft, aber es geht nicht anders. Ich verkaufe zwar gelegentlich Bilder, aber das alleine reicht nicht aus", sagt Jörg Schmidt, Meisterschüler von Henning Kürschner (HdK). Während des Studiums hat er sich Kenntnisse gefragter Bildbearbeitungsprogramme angeeignet und eine Anstellung bei einer Grafikagentur gesucht. Gegenwärtig bewirbt er sich für eine internationale Ausstellung, bei der Arbeiten von Hochschulabsolventen gezeigt werden sollen. "Da rein zu kommen wäre schon klasse. In der Jury sitzen auch viele bekannte Größen des Kunstmarktes", sagt er. Die Trennung zwischen künstlerischer Arbeit und Job empfindet er nicht ausschließlich negativ.

Einen "Königsweg" in die Galerien und Museen gibt es nicht. Dennoch lassen die Karrieren bekannter Künstler vermuten, dass auch am Kunstmarkt allgemeine Wettbewerbsregeln nicht völlig außer Kraft sind. Von den Zeitläuften begünstigt wurde der Berliner Künstler Rainer Görß. "Ich habe Glück gehabt und bin nach der Wende in das Ausstellungs- und Gelarienkaroussel hineingerutscht", sagt Görß, der in Dresden freie Kunst studiert und 1989 seinen Abschluss gemacht hat. "Damals gab es in Berlin Mitte fast gar keine Künstler, aber eine rege Nachfrage. Gute Sachen können dann schon einmal auffallen."

Das sei heute sicher nicht mehr so einfach, sagt der 40-Jährige. Er erhielt über ein Arbeitsstipendium die Möglichkeit, seine Werke in den USA zu zeigen. Es folgten Ausstellungsbeteiligungen in Tokio, Warschau, Rio de Janeiro. Seine ortsbezogenen Installationen sind heute ebenso gefragt, wie ergänzende Videoarbeiten und die darauf Bezug nehmende Malerei. Vom Verkauf seiner Arbeiten kann er gut leben. In Berlin enthüllte er im Juli das von ihm geschaffene "Denkzeichen Modezentrum Hausvogteiplatz".

Eine regelrechte Marktnische hat hingegen Albert Markert gefunden. In seinen Fotokollagen und Holzschnitten sucht er nach einem Weg zwischen wissenschaftlicher und künstlerischer Arbeit. "Es gibt heute nicht viele, die noch Holzschnitte machen. Bei Wettbewerben habe ich daher ganz gute Chancen", sagt er. Markert nahm an überregionalen Ausstellungen teil, gewann Stipendien und Preise und veröffentlichte ein lebhaft diskutiertes Buch über Josef Beuys (Flieger, Filz und Vaterland; Albert Markert, Frank Gieseke; Elefantenpress; 1996). "Reich und berühmt bin ich aber mit meinen Arbeiten noch nicht geworden", sagt er.

Die Unterstützung durch einen Gönner ist für viele Künstler wichtig. Aber auch beim Verkauf an einen Mäzen gilt es, erprobte Strategien zu beachten. "Kein Mensch braucht Bilder. Es gibt kein vernünftiges Argument, warum jemand 200 oder 20 000 Mark für ein Bild ausgeben soll. Man muss dem Interessenten das Gefühl vermitteln, dass das Werk etwas besonderes ist und einen Wert darstellt", sagt Dieter Hacker, freier Künstler und Professor an der HdK.

Dies gelingt anscheinend der Malerin Alke Brinkmann, die unmittelbar nach dem Studium allein mit dem Verkauf ihrer Bilder ihr Auskommen hat. "Ich habe so einen Freundeskreis. Für mich war irgendwie der Weg, eine Zweitfamilie aufzubauen, also ein Familiensystem von Sammlern, die meine Arbeit immer verfolgen und deren Leben ich immer verfolge", sagt sie. Die Sammler kaufen dann zwar ihre Bilder, äußern aber gelegentlich auch Sonderwünsche: "Es kommt auch vor, dass ein Sammler fragt: Würdest du meinen Hund malen, den würde ich kaufen. Naja, das war ein Mops."

Einen glücklichen Ausweg bieten Stipendien und Förderpreise. Aber auch unabhängige Initiativen unterstützen die angehenden Künstler. So bietet beispielsweise der aus Künstlerinnen und Kunstförderern bestehenden Zusammenschluss GEDOK besonders Frauen Hilfestellung bei der Realisierung von Einzelprojekten. "Direkt nach dem Studium meinen die Frauen, auch ihnen würden noch alle Türen offen stehen. Später sehen sie dann, dass in den wichtigen Gremien und Ausstellungen doch nur Männer sitzen", sagt Elisabeth Krämer von der GEDOK. Dementsprechend fördert der Verein Lesungen von Schriftstellerinnen ebenso wie Ausstellungen von "Debütantinnen" (so ein Ausstellungstitel) der freien Kunst.

Der finanzielle Rahmen der von Mitgliedsbeiträgen und einer Senatsförderung in Höhe von 35 000 Mark getragenen Initiative ist hierbei zwar eng. Gleichwohl verfügt das seit über 40 Jahren bestehende Förderwerk über vielfältige Kontakte, die gerade für Neueinsteiger im Kunstmarkt wichtig sind. Am 24 September eröffnet der Verein im Rahmen der Veranstaltungsreihe "VerlorenesMuseum" eine Ausstellung mit Zeichnungen, in denen bekannte Berliner Künstlerinnen, wie die Malerin Gisela Breitling, Neulinge am Kunstmarkt unterstützen.

Richard Rabensaat

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