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Gesundheit: Mit Lichtkraft ins All

Vielleicht werden uns kommende Generationen um die spektakulären Live-Bilder beneiden, bei denen nach dem Countdown eine Wolke aus Rauch und Feuer zu sehen ist, bevor das lange, runde Ungetüm wie in Zeitlupe vom Boden abhebt, auf einem gewaltigen Feuerschweif nach oben steigt und schließlich immer schneller und kleiner werdend am Horizont entschwindet. Denn 30 Jahre nach der Mondlandung arbeiten Wissenschaftler an neuen, eleganten Raketenantrieben.

Vielleicht werden uns kommende Generationen um die spektakulären Live-Bilder beneiden, bei denen nach dem Countdown eine Wolke aus Rauch und Feuer zu sehen ist, bevor das lange, runde Ungetüm wie in Zeitlupe vom Boden abhebt, auf einem gewaltigen Feuerschweif nach oben steigt und schließlich immer schneller und kleiner werdend am Horizont entschwindet. Denn 30 Jahre nach der Mondlandung arbeiten Wissenschaftler an neuen, eleganten Raketenantrieben. Sie könnten eines Tages die bisherige Technik ergänzen.Zwar hat man sich mittlerweile an die Starts von Weltraumraketen gewöhnt. Vor allem bei bemannten Flügen ist die Spannung dennoch groß, ob denn alles gut gehen wird bei dem Abenteuer. Es ist zwar kein Pulverfaß mehr, auf dem die Astronauten sitzen, wie tödlich jedoch das Gemisch aus flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff sein kann, zeigte sich 1986 bei der Challenger-Katastrophe, als der Tank mit etwa zwei Millionen Litern Brennstoff kurz nach dem Start explodierte. Die siebenköpfige Besatzung kam dabei ums Leben.Farblos, aber geräuschvoll würden Starts im kommenden Jahrhundert ablaufen, wenn sich ein Antrieb aus bodengestütztem Laser durchsetzen sollte, der an der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart erprobt wird. Auf einem infraroten, unsichtbaren Laserstrahl reitend, stoßen Mini-Testraketen bereits an die acht Meter hohe Decke des DLR-Instituts für Technische Physik. Die Energiequelle fliegt - anders als beim klassischen Raketenantrieb - nicht mit.Die Düse des "Lightcraft"-Antriebs mit einem Durchmesser von etwa zehn Zentimetern konzentriert die gepulsten Laserstrahlen auf eine wenige Quadratmillimeter große Fläche. Zehn- bis zwanzigmal pro Sekunde knattert der Kohlendioxid-Hochleistungslaser. In der Schubkammer entsteht ein mehr als 10 000 Grad heißes Luftplasma, dessen explosionsartige Ausdehnung die Rakete nach oben katapultiert. Wenn in größeren Höhen die Atmosphäre dünn wird, übernimmt an Bord mitgeführter Treibstoff die Funktion der Luft."Unser Test beweist, daß die Technik prinzipiell funktioniert", sagt Institutsmitarbeiter Wolfgang Schall. Um das Projekt weiterzuführen, brauchen die DLR-Wissenschaftler finanzielle Unterstützung. Schall schätzt, daß der Laserantrieb in etwa zehn Jahren die ersten Objekte ins All befördern wird, zumal auch die amerikanische Weltraumbehörde NASA an der Methode arbeitet.Mit dem Laserantrieb werden jedoch in erster Linie Kleinsatelliten mit einem Gewicht von ein bis zehn Kilogramm auf die Bahn gebracht werden. Bis zu zwei Starts pro Stunde wären möglich, eine bei konventionellen Antrieben unvorstellbare Zahl. Die umweltfreundliche Technik "rechnet" sich auch dadurch, daß der Laserexpreß ohne schwere Treibstofftanks auskommt, wie sie beispielsweise die rund 500 Tonnen schwere "Ariane" benötigt.Mit viel weniger Treibstofflast als die europäische Trägerrakete ist bereits "Deep Space 1" (DS1) in den Weiten des Weltalls unterwegs. Mit einem sonnenenergiegespeisten Ionenantrieb versehen, machte sich Ende Oktober 1998 - gute 30 Jahre, nachdem in der Fernsehserie "Raumschiff Enterprise" erstmals ein derartiger Antrieb vorkam - das 450 Kilogramm schwere, amerikanische Raumfahrzeug auf den Weg zu Asteroiden und Kometen.DS1 ist die erste Mission des "New Millenium"-Programms der NASA, mit dem neuartige Technologien für die Eroberung des Weltalls im 21. Jahrhundert erprobt werden sollen. Allerdings entwickelt der laut NASA "revolutionäre Ionenantrieb" nur geringe Schubkraft, so daß eine herkömmliche Delta II-Rakete für Start und Aufstieg sorgen mußte. Die Sonde beschleunigt täglich nur etwa um 30 Kilometer pro Stunde. "Auf einen langen Zeitraum gesehen, summiert sich das aber auf eine enorme Geschwindigkeit", sagt NASA-Ingenieur Arthur Amador.Als Treibstoff dient das Edelgas Xenon. Zur Stromerzeugung fangen mehr als 700 Linsen die Sonnenstrahlen ein und lenken sie auf 3600 Solarzellen. Die entstehenden Elektronen werden auf die Xenon-Atome gefeuert. Bei dem Bombardement entstehen positiv geladene Xenon-Ionen, die durch eine stark aufgeladene Elektrode beschleunigt und mit einer Geschwindigkeit von rund 100 000 Kilometern in der Stunde in den freien Raum geschleudert werden. Ein als blauer Ionenstrahl sichtbarer Rückstoß treibt die Sonde vorwärts.Die stetige Beschleunigung führt zu einer riesigen Endgeschwindigkeit, so daß sich Weltraumreisen stark verkürzen lassen. Ionenantriebe wurden bereits zur Stabilisierung von Erdsatelliten eingesetzt, bei der Forschungssonde DS1 dienten sie erstmals als Hauptantrieb. Die Energiebilanz fällt sehr günstig aus. Der Edelgasantrieb braucht nur etwa ein Zehntel der Energie, die konventionelle Verbrennungssysteme benötigen. Die Ionentechnik zählt zu den elektrischen Antrieben, da die Schubkraft aus der durch Sonnenstrahlung gewonnenen Elektroenergie stammt."Ausnutzung der Sonnenenergie und sehr hohe Endgeschwindigkeiten", machen Ionentriebwerke nach den Worten von Wolfgang Koschel, Leiter des Instituts für Raumfahrtantriebe am DLR-Forschungszentrum Lampoltshausen, für Flüge in den tiefen Weltraum geeignet. Wegen ihrer geringen Schubkraft müssen elektrische Raketen allerdings mit konventioneller Verbrennungsenergie aus der Erdanziehung befördert werden.Für große Lasten oder bemannte Flüge hält Koschel auch im nächsten Jahrhundert chemische Antriebe für unverzichtbar. Um das Sonnensystem zu erkunden und auf Planeten landen zu können, brauche man manövrierbare Systeme, die sich auch abbremsen lassen. Hier sieht der Professor für Raketenantriebe an der Technischen Hochschule Aachen noch Potential für mehr Effizienz. "Wir testen gerade das neue Ariane-Triebwerk Vulkan 2", erklärt er. Durch höheren Brennstoffstrom und Verbrennungsdruck werde die Schubkraft um etwa zehn Prozent erhöht. Es sieht also ganz so aus, als müßten die Menschen im kommenden Jahrhundert beim Start von Raumfahrzeugen nicht ganz und gar auf die spektakuläre Feuerwolke verzichten.Die Mondlandung ist auch Thema des Wissensmagazins "Galileo", heute um 19 Uhr 50 auf Pro Sieben.

PAUL JANOSITZ

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