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Gesundheit: Module und Jobchancen – was Studenten wissen müssen

Der BachelorTÜV Von den knapp 1700 deutschen Bachelor- und Masterstudiengängen sind erst 300 „akkreditiert“. Das heißt: Sie haben ein offizielles Gütesiegel erhalten.

Der BachelorTÜV

Von den knapp 1700 deutschen Bachelor- und Masterstudiengängen sind erst 300 „akkreditiert“. Das heißt: Sie haben ein offizielles Gütesiegel erhalten. Um die Qualität des neuen Systems zu gewährleisten, hat die Kultusministerkonferenz 1999 den Akkreditierungsrat ins Leben gerufen. Er stellt Kriterien auf, nach denen die Studiengänge bewertet werden. Dabei geht es um „Mindestqualitätsstandards“. Geprüft werden sie von bislang sechs kommerziellen Akkreditierungsagenturen, die vom Akkreditierungsrat zugelassen wurden.

Wie kommt es zu dem Evaluierungsstau? 300 weitere der 1700 Studiengänge seien schon im Prüfungsverfahren, sagt der Vorsitzende des Akkreditierungsrates Hans Uwe Erichsen. Aber viele Unis hätten für ihre neuen Angebote noch gar keinen Antrag gestellt, weil sie die Kosten scheuten. Ein Akkreditierungsverfahren kostet rund 7000 Euro (für kombinierte BA-MA-Studiengänge bis zu 12 000 Euro).

Schwer haben es Abiturienten, die entscheiden müssen, ob sie sich für einen Bachelorstudiengang einschreiben sollen, der noch nicht akkreditiert ist. Im Grunde genommen müssen sie – und auch Interessenten für MA-Aufbaustudiengänge – die gleichen Fragen stellen, wie die Akkreditierungsagenturen.

Das rät auch der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der kürzlich die ernüchternden Ergebnisse eines Wettbewerbs der besten Reform-Studiengänge veröffentlichte: Von 90 teilnehmenden Programmen waren überhaupt nur vier preiswürdig – und dass, obwohl die meisten Bewerber schon akkreditiert waren. Die folgende Checkliste orientiert sich an den Kriterien des Stifterverbandes und des Akkreditierungsrates.

Der Qualitäts-Check

Sind die Studieninhalte in Module gegliedert und gibt es die international vergleichbaren Leistungspunkte?

Ist der Lehrplan grundlagenorientiert und interdisziplinär ausgerichtet sowie fachlich breit angelegt?

Befähigt der Abschluss zu einem Beruf? Führt er die Studenten, die einen Master anstreben, in eine Forscherkarriere? Arbeiten sie im Studium an aktueller Forschung mit?

Sind neue Lehr- und Lernformen wie E-learning, praxisorientiertes Lernen und Teamteaching vorgesehen?

Wie gut ist der Studiengang mit Lehrpersonal, Räumen und Technik ausgestattet?

Werden die Studenten zusätzlich von Mentoren oder Tutoren betreut?

Werden auch Schlüsselqualifikationen wie die fließende Verständigung in Fremdsprachen, Kommunikations- und Teamfähigkeit, Projektmanagement und Selbstorganisation vermittelt. -ry

Module machen Zeitdruck

Alles soll in Zukunft anders werden. Das Studium wird künftig in klare Abschnitte unterteilt, sogenannte Module, die mit Prüfungen abschließen und mit Punkten bewertet werden. Für ein Bachelorstudium werden 180 und für ein Masterstudium 120 weitere Punkte bis zur Gesamtzahl von 300 verlangt. Diese klare Organisation ist nötig, weil nur so eine Anerkennung der Studienleistungen an einer anderen Hochschule im Ausland möglich wird.

Was ist ein Modul? Nehmen wir das Fach Geschichte: Übereifrige könnten auf die Idee kommen, in ein Geschichtsstudium von nur drei bis vier Jahren möglichst viel hineinzupacken. So könnte man eine Überblicksvorlesung über die Französische Revolution mit einem Seminar über die Reformation in Deutschland und einer Übung zur Übersetzung mittelalterlicher Quellen verbinden. Das ist jedoch kein Modul, sondern ein Sammelsurium ohne inhaltlichen Bezug der einzelnen Lehrveranstaltungen zueinander. Ein Modul dagegen, in dessen Mittelpunkt eine Vorlesung über die Französische Revolution steht, könnte durch ein Seminar über die Staatstheorien von Locke, Hobbes und Montesquieu ergänzt und durch eine Übung über französische Originalurkunden aus der Revolutionszeit wie den Verfassungsentwurf von Mirabeau abgerundet werden. Da ist der inhaltliche Bezug eindeutig.

Eine solche Neuorganisation des Studiums setzt voraus, dass auch die Betreuung der Studenten besser als bislang organisiert wird. Wenn für jede Vorlesung wie für jedes Seminar und jede Übung eine Präsenzpflicht verlangt wird und jeder dieser drei Teile mit einer mündlichen oder schriftlichen Prüfung abschließt, dann sind die Arbeits- und Leistungsanforderungen an die Bachelorstudenten höher als an die Diplom- und Magisterstudenten. Bei den Diplom- und Magisterstudenten gibt es keine Prüfungen nach den Vorlesungen und bei den Übungen offene Handhabungen von einer anspruchsvollen Hausarbeit bis zum wenig anspruchsvollen Protokoll. Bachelorstudenten versichern glaubwürdig, dass ihr Studium unter enormen Zeit- und Leistungsdruck abläuft und für das Jobben nebenher kaum Zeit bleibt. U.S.

Was die Wirtschaft will

„Die Industrie nimmt gerne Biologen mit BA“, sagt Ekkehard Winter vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der von der Wirtschaft getragen wird. Sie füllten die Lücke zwischen Forschern und Technikern. Dasselbe gilt für Ingenieur-Bachelor. Siemens Berlin beispielsweise stellt BA-Absolventen in Vertrieb und Fertigung ein, sagt Sprecherin Ilona Thede. In Kooperation mit Unis und Fachhochschulen bildet Siemens auch selber BA-Industrietechnologen aus. Im Unternehmen geht dem Bachelor der Ruf voraus „schnell und praxisorientiert“ zu sein und über „soft skills“ wie fließende Englischkenntnisse zu verfügen. International beschäftigt Siemens heute 80 Prozent Bachelors und 20 Prozent Master. In Deutschland steigen die Bachelor auf mittlerer Ebene in das Unternehmen ein – und können dann durch Weiterbildungen aufsteigen, sagt Ilona Thede. So werde es auch bei Daimler Chrysler gehandhabt, sagt der Personalchef des Berliner Werks, Stefan Laier. Das Werk bildet gemeinsam mit der Berufsakademie Berlin in dreijährigen dualen Studiengängen Maschinenbauer aus, die im Unternehmen als Nachwuchsingenieure eingestellt werden. So könnten auch Absolventen der neuen BA-Studiengänge an den Hochschulen eingestuft werden, sagt Laier. Aber bislang gäbe es kaum Bewerbungen. -ry

Im öffentlichen Dienst

„Höherer Dienst mit BA? Das ist doch so ein Schmalspurabschluss aus Amerika, oder?“ In deutschen Amtsstuben ist mancher noch nicht vertraut mit den neuen gestuften Abschlüssen. Tatsächlich haben sich die Ministerien der Länder aber schon in langwierigen Verhandlungen auf die „Eingruppierung“ von Bewerbern mit Bachelor- und Masterabschlüssen geeinigt: Bachelor sollen auf der Ebene von Sachbearbeitern in die Gehaltsgruppen A 9 oder V b in den gehobenen Dienst eingestellt werden; damit sind sie Angestellten oder Beamten mit Abitur, Ausbildung oder Fachhochschulabschluss gleichgestellt, erklärt ein Vertreter der Berliner Innenverwaltung. Der Master gilt als „abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung“, die Absolventen können sich für den höheren Dienst (IIa, Ib, Ia) bewerben. MA von der Fachhochschule sollen nur in den höheren Dienst kommen, wenn eine Kommission der Innen- und Kultusminister festgestellt, dass sie dazu befähigt sind. Dieses Verfahren wird vom Wissenschaftsrat kritisiert. Ob es Bestand hat, ist nicht geklärt.

International ankommen

Bachelor und Master sollen an deutschen Hochschulen auch deshalb flächendeckend eingeführt werden, damit Studierende und Wissenschaftler problemlos ins Ausland wechseln können. Deutschland soll auf dem weltweiten Bildungsmarkt konkurrenzfähig werden – attraktiv auch für Studenten aus Osteuropa, Fernost oder den USA. Anfang des Jahres ging an deutschen Unis die Sorge um, britische Hochschulen würden deutsche Bewerbungen abweisen. Inzwischen hat aber der britische Hochschulverband versichert, dass Deutsche ebenso gute Chancen hätten wie andere Ausländer.

So gibt es im britischen Bachelor-Studium zwei Wege: den „fast track“, auf dem in drei Jahren ein Fach studiert wird, und ein forschungsorientiertes Studium mit ein oder zwei Fächern. Letzeres führt nach einem weiteren Studienjahr zu den „Honours“, der Voraussetzung für eine Bewerbung um ein weiterführendes Master-Studium.

Die Berufsorientierung spiele beim britischen BA und MA keine so große Rolle, wie bei der deutschen Reform, sagt Klaus Schnitzer, Forscher beim Hochschulinformationssystem (HIS) in Hannover. Auch der Übergang zum MA-Studium sei in England keineswegs garantiert, sondern die Universitäten könnten sich Kandidaten mit guten Zensuren und Honours, nach Aufnahmetests und -gesprächen aussuchen. Dem müssen sich auch deutsche Bachelor unterwerfen, die sich in England oder in anderen traditionellen BA-MA-Ländern bewerben.

Hilfreich für Auslandsbewerbungen ist der englischsprachige „Diploma Supplement“ (DS), ein EU-einheitliches Formular mit Beschreibungen von Abschlüssen und Qualifikationen. Den DS stellen die Uni-Verwaltungen aus. -ry

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