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Gesundheit: Neue Brücke über die Elbe – für Schiffe

Anlage bei Magdeburg wird nun geflutet – Umweg auf dem Wasserweg nach Berlin bald überflüssig

Sie ist 918 Meter lang, 32 Meter breit, kostet 510 Millionen Euro und erhält in dieser Woche das erste Wasser: Die neue Schiffsbrücke über die Elbe ist ein Bauwerk der Superlative. Das Projekt ist gleichsam das „Missing Link“ der wichtigsten deutschen Ost-West-Binnenwasserstraße: der Verbindung vom Rhein nach Berlin. Dieser überwiegend aus künstlichen Kanälen bestehende Schiffsweg führt über Minden und Hannover bis in die Hauptstadt.

Bislang war die Kanalverbindung bei Magdeburg durch die Elbe unterbrochen: In Magdeburg endet der aus Hannover kommende Mittellandkanal. Östlich der Elbe führt der Elbe-Havel-Kanal nach Berlin weiter. Schiffe, die beide Kanäle nutzen wollen, müssen bislang einen Umweg über die Elbe in Kauf nehmen. Da die beiden Kanäle und die Elbe jeweils unterschiedliche Wasserstände haben, müssen die via Mittellandkanal in Magdeburg ankommenden Schiffe bislang mit dem Schiffshebewerk Rothensee oder in der dortigen Schleuse auf die bis zu 18 Meter tiefer gelegene Elbe hinabgelassen werden. Von dort fahren sie einige Kilometer flussabwärts bis zur Schleuse Niegripp – dem Bindeglied zwischen Elbe und Elbe-Havel-Kanal.

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg war an einer kleineren Brücke gebaut worden – von der Autobahn aus waren zu DDR-Zeiten noch die ersten Stützbauwerke zu sehen. Ein Teil des ausgehobenen Kanalbetts östlich der Elbe war auch schon ausgehoben. Dann brachen die Arbeiten wegen des Krieges ab.

Nach Fertigstellung des Magdeburger Wasserkreuzes im Herbst 2003 können sich die Schiffe den zwölf Kilometer langen Umweg sparen: Auf der Westseite mündet der Mittellandkanal direkt in die über die Elbe führende Kanalbrücke. Nach Überqueren der Brücke gelangen die Schiffe in die (derzeit noch im Bau befindliche) Doppelschleuse Hohenwarthe, die sie zum Elbe-Havel-Kanal hinab befördert. Die Doppelschleuse hilft, den Wasserverbrauch um zwei Drittel zu senken. Die beiden Schleusenkammern haben je drei Sparbecken, in denen beim Hinabschleusen ein Teil des abgelassenen Wassers aufgefangen wird. Dadurch kann es für die nächste Bergschleusung genutzt werden. „Wassersparen ist wichtig, weil die Kanäle wenige natürliche Zuflüsse haben“, sagt Volker Mainka, mit dem Bau der Anlagensteuerung beauftragter Ingenieur.

Der bisherige Umweg über die Elbe kostet nicht nur Zeit, er bringt bei niedrigem Pegelstand des Flusses auch Probleme. Dann müssen die Binnenschiffe – bis zu 110 Meter lange Güterschiffe und bis zu 185 Meter lange Schubverbände zur Verringerung ihres Tiefgangs teilweise entladen werden. Ein Teil der Ladung wird auf andere, kleinere Schiffe verfrachtet. Sind die Schiffe nach erfolgter Elbpassage im Elbe-Havel-Kanal angelangt, muss die entnommene Fracht zurück geladen werden.

Die neue Brücke macht solchen Mehraufwand überflüssig: Der Schiffsverkehr auf der Ost-West-Achse wird unabhängig vom Pegelstand der Elbe. Experten rechnen damit, dass sich das Transportaufkommen auf neun Millionen Tonnen verdoppeln wird. Der Weg zur Elbe steht jedoch weiter offen. Er führt über die neue Schleuse Rothensee, die einen Seitenarm des Mittellandkanals mit dem Magdeburger Hafen verbindet.

Die Binnenschifffahrt hat in Deutschland eine erhebliche und oft unterschätzte wirtschaftliche Bedeutung. Auf dem insgesamt 7300 Kilometer langen Wasserstraßennetz – gut drei Viertel davon sind Flüsse, ein knappes Viertel Kanäle – werden annähernd so viele Güter transportiert wie mit der Bahn. Binnenschiffe eignen sich besonders für schwere und sperrige Güter – die größten können soviel Ladung aufnehmen wie 67 Lastwagen.

Dabei sind sie nicht nur preisgünstiger als die straßen- und schienengebundene Konkurrenz, sondern auch noch umweltschonender, da sie weniger Energie verbrauchen. Zum Transport einer Gütertonne benötigen sie, umgerechnet auf die Gesamtladung, nur rund 27 Prozent der Energie eines Lkw – und etwa 81 Prozent dessen, was die Bahn dafür verbraucht.

Claus-Peter Sesin

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