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Dr. Thorsten Dolla schreibt regelmäßig für den Tagesspiegel über Sportverletzungen.

© promo

Neue Kolumne zu Sportverletzungen: Dr. Dollas Diagnose

Einst behandelte der Berliner Orthopäde Dr. Thorsten Dolla die Spieler von Hertha BSC, ab sofort schreibt er für uns in seiner Kolumne "Dr. Dollas Diagnose" über Sportverletzungen. In der ersten Folge: Marc Zieglers Gehirnerschütterung in der Europa League.

Im Fußballspiel der Europa League zwischen dem VfB Stuttgart und Benfica Lissabon hat der Stuttgarter Torhüter Marc Ziegler nach einem Zusammenprall mit einem Gegenspieler eine schwere Gehirnerschütterung erlitten. Ziegler musste ausgewechselt werden. Anschließend wurde er im Krankenhaus untersucht. Anderntags hieß es, dass die Computertomographie ergab, dass er keine Schäden am Kopf oder Hals davongetragen hat.

Eine Gehirnerschütterung ist keinesfalls zu unterschätzen. Denn es handelt sich hierbei um eine Verletzung des Schädels mit Hirnbeteiligung. Jeder Schlag oder Stoß gegen den Schädel, oder aber ein Aufprall des Kopfes, birgt Gefahren. Dabei schlägt das Gehirn an die Schädelwand, weil es die Hirnflüssigkeit als Dämpfung überwindet. Im schlimmsten Fall kann es zu Hirnblutungen kommen. In diesem Fall musste der Mannschaftsarzt den Spieler noch auf dem Spielfeld untersuchen. Ist der Patient ansprechbar oder bewusstlos, kann der Spieler sprechen, gibt es adäquate motorische Reaktionen?

Es war zwingend erforderlich, Ziegler aus dem Spiel zu nehmen. Die Schwere der Verletzung musste in der Klinik abgeklärt werden.

Stuttgarts Torwart Marc Ziegler nach dem folgenschweren Zusammenprall im Europa-League-Spiel gegen Benfica Lissabon.
Stuttgarts Torwart Marc Ziegler nach dem folgenschweren Zusammenprall im Europa-League-Spiel gegen Benfica Lissabon.

© dpa

Man unterscheidet zwischen einem leichten, mittelschweren und schweren Schädel-Hirn-Trauma. Es kann zu Brechreiz oder Übelkeit und Schwindelgefühlen kommen. Auch schon in leichten Fällen kann es Gedächtnislücken (Amnesie) geben.

Während man früher noch Bettruhe für geeignet hielt, wird heute relativ schnell versucht, den Patienten wieder zu mobilisieren. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Patient kurzfristig wieder leistungsfähig ist oder seinen Sport wieder aufnehmen kann. Das Gehirn braucht Erholung. Hier ist kein falscher Ehrgeiz gefragt, weder von Seiten des Sportlers noch von Seiten des Vereins.

Bei Kindern kommt es besonders beim Spielen häufig vor, dass der Schädel, häufig beim Sturz, in Mitleidenschaft gezogen wird. Nicht immer muss zwingend ein Arzt aufgesucht werden. Es sollte aber auf eventuelle Auffälligkeiten der Kinder, besonders im Verhalten, Kommunikation und Motorik geachtet werden. Sollte Ungewöhnliches festgestellt werden, ist ein Arzt aufzusuchen. Eine Gehirnerschütterung ist nicht zu bagatellisieren!

Der Berliner Orthopäde Dr. Thorsten Dolla, 47, ist seit vielen Jahren in der Sportmedizin tätig. Er war Mannschaftsarzt bei Hertha BSC, beim 1. FC Union und dem Footballteam Berlin Thunder. Beim ISTAF war er bis 2009 leitender Arzt und ist heute Ringarzt beim Boxen. Für Tagesspiegel.de schreibt er regelmäßig über Sportverletzungen und ihre Folgen.

Aufgezeichnet von Michael Rosentritt

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