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Gesundheit: Neues Schulzeit-Modell: Per Express zum Abitur

"Wenn wir das Abitur von allen nach zwölf Schuljahren verlangen, bedeutet das ganz eindeutig: weniger Abiturienten, mehr Sitzenbleiber, und erheblich mehr Stress. Es geht aber künftig noch mehr darum, möglichst alle Begabungen ausschöpfen.

"Wenn wir das Abitur von allen nach zwölf Schuljahren verlangen, bedeutet das ganz eindeutig: weniger Abiturienten, mehr Sitzenbleiber, und erheblich mehr Stress. Es geht aber künftig noch mehr darum, möglichst alle Begabungen ausschöpfen." Derjenige, der dies jüngst sagte, hat selbst die Schulzeit bis zum Abitur in seinem Verantwortungsbereich so weit verkürzt, wie es ging. Zunächst gegen erheblichen Widerstand gerade auch in den eigenen Reihen. Dabei nutzte er allerdings mehrere Wege. Jürgen Zöllner, SPD-Bildungssprecher in der Kultusministerkonferenz und sozialdemokratischer Bildungsminister in Rheinland-Pfalz, hat sowohl Expressklassen für die kürzere Schulzeit eingeführt als auch die Abiturprüfung für alle Schüler um ein halbes Jahr vorverlegt. Doch dafür wählte er unterschiedliche Angebote, "weil unterschiedliche Menschen unterschiedlich schnell lernen". Nun gab er seinem Berliner Amtskollegen Klaus Böger (SPD) bei der Podiumsdiskussion "Bildungspolitik vor neuen Herausforderungen" der Friedrich-Ebert-Stiftung Schützenhilfe für dessen Pläne einer neuen Schulzeitgestaltung.

Die Diskussion der beiden Kultusminister war schon deshalb mit Spannung erwartet worden, weil Böger seine Sympathien für das rheinland-pfälzische Schulzeit-Modell seit längerem bekundet hat. In Berlin soll künftig ebenfalls jeder Schüler das Abiturzeugnis nach 12,5 Jahren in Tasche haben. Wer will, kann dann sein Studium schon zum Sommersemester starten. Andere können die Zeit bis zum Studienbeginn im Herbst für ein Praktikum oder einen Auslandsaufenthalt nutzen.

Die Schulbehörde bereite das neue Modell mit Hochdruck vor, sagte Böger. Zuerst soll es für die Schüler gelten, die im kommenden Jahr die elfte Klasse beginnen. Dabei soll hauptsächlich die "nicht immer voll genutzte" Zeit nach den Abiturprüfungen wegfallen. Darüber hinaus wird die elfte Klasse im Kurssystem gestrafft. Zöllners Zwölf-Jahres-Modell geht dagegen von Straffungen in den Klassen sieben bis zehn aus. "Das können schätzungsweise 20 bis 30 Prozent der Schüler schaffen", meinte Zöllner. Auf wenig Widerstand ist er damit wohl gestoßen, weil die Schulen und die Eltern über die Einrichtung solcher Projektklassen entscheiden. Eine Genehmigung des zuständigen Ministeriums brauchen sie dafür dann nicht mehr.

Zöllners nächstes Projekt - der Ausbau der Ganztagsschulen - will Berlin nach Bögers Worten noch nicht in Angriff nehmen. "In dieser Legislaturperiode muss erst einmal die volle Halbtagsschule durchgesetzt werden", meinte Böger, der deutliche Probleme für die Finanzierung der Ganztagsschule sieht. Für ein Angebot an 300 Schulen in Rheinland-Pfalz hat Zöllner einen Bedarf von 1000 zusätzlichen Lehrerstellen veranschlagt, die mit rund 100 Millionen Mark zu Buche schlagen sollen. Den Lehrern im Publikum zur Beruhigung schloss Böger eine weitere Erhöhung der Lehrerarbeitszeit in dieser Legislaturperiode kategorisch aus. "Dafür stehe stehe ich nicht zur Verfügung." Doch nach der nächsten Landtagswahl dürfte das Thema in Berlin spätestens wieder auf die Tagesordnung kommen, denn hier haben Lehrer bundesweit die geringste Unterrichtsverpflichtung.

"Im Bildungsbereich hat Berlin in den letzten Jahren die Sparschrauben zu stark angezogen", räumte Böger ein. Das soll nun "schrittweise wieder rückgängig" gemacht werden. Mindestens genauso stark wie im Schulbereich stellt sich an den Hochschulen derzeit die Finanzierungsfrage, denn dort ist der anstehende Generationenwechsel für die Forschung mit hohen Investitionskosten verbunden. Als zentrales Problem hat Böger dort die teuren Medizin-Studienplätze ausgemacht.

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