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Gesundheit: Nur noch ein Drittel kommt bis zum Magister

Was sich bei der Tagung deutscher Geisteswissenschaftler in Jena ereignet hat, kam nicht unerwartet. Wenige Wochen, nachdem bekanntgeworden war, daß der Wissenschaftsrat eine große Hochschulreform plant, meldeten sich auf dem Philosophischen Fakultätentag die Kritiker zu Wort.

Was sich bei der Tagung deutscher Geisteswissenschaftler in Jena ereignet hat, kam nicht unerwartet. Wenige Wochen, nachdem bekanntgeworden war, daß der Wissenschaftsrat eine große Hochschulreform plant, meldeten sich auf dem Philosophischen Fakultätentag die Kritiker zu Wort. Der Wissenschaftsrat möchte die neuen Studiengänge mit den internationalen Abschlüssen Bachelor und Master nicht nur dazu nutzen, um den Standort Deutschland für Ausländer attraktiver zu machen, sondern hier zugleich den Hebel zu einer großen Hochschulreform ansetzen. Alle Studien- und Promotionszeiten sollen kürzer werden. In den internen Papieren des Wissenschaftsrats heißt der neue Rhythmus drei Jahre Bachelor, zwei Jahre Master, drei Jahre Promotion. In diesen Rhythmus passen nicht mehr die längeren Magister- und Diplomstudiengänge, die Studenten heute häufig erst nach sieben Jahren beenden. Es wird bereits intern erwogen, die bisherigen Magister- und Diplomstudiengänge auf längere Sicht aufzugeben.

Der Philosophische Fakultätentag in Jena hat jetzt einen Alternativrhythmus entwickelt, der Bachelor und Magister nicht in eine Entweder-Oder-Situation bringt, sondern verbindet. Die höchste Vertretung der geisteswissenschaftlichen Fachbereiche in Deutschland möchte das Studium zwar reformieren, aber an den bewährten deutschen Abschlüssen festhalten. Der Vorsitzende des Philosophischen Fakultätentages, Reinhold Grimm, erklärte: "Wir werden der zunehmenden Internationalisierung der Wissenschaft und der größeren Vielfalt der Berufsbilder Rechnung tragen, aber ohne dabei unser wissenschaftliches Profil aufs Spiel zu setzen."

In Zukunft soll das Studium in den Geisteswissenschaften nach den Vorstellungen des Fakultätentages rascher und zielstrebiger ablaufen. An folgendes gestuftes System aufeinander folgender Studienabschlüsse ist gedacht: drei Jahre bis zum ersten berufsbefähigenden Abschluß, dem Bakkalaureat (Bachelor), zwei bis drei Jahre bis zum neudefinierten Magister und weitere zwei Jahre bis zur Promotion. Auf diese Weise wollen die geisteswissenschaftlichen Disziplinen ihren Studenten die Chance eröffnen, ihr Studium alternativ zu gestalten: Nach einer kurzen, aber soliden Grundausbildung, wird der erste Abschluß, der Bakkalaureus vergeben. Für die Besten gibt es anschließend eine intensive Spezialisierung mit dem Magisterabschluß. Klare Qualitätskriterien sollen den Sprung vom Bakkalaureus zum Magister steuern. Dem Fakultätentag schweben mehrere Lösungen vor: Die künftigen Magisterstudenten könnten nach einer Eingangsprüfung, einem Auswahlgespräch oder auf Grund eines Prädikatsexamens ausgewählt werden. Nur "etwa ein Drittel" der Bakkalaureaten werde den Anschluß zum Magisterstudium schaffen.

Diese Reformstudienfolge haben die Vertreter aller 45 geisteswissenschaftlichen Fachbereiche in Deutschland auf dem Fakultätentag einstimmig beschlossen. In einer Übergangszeit von zwei bis drei Jahren soll das neue Modell umgesetzt werden. Auf diese Weise wollen die Geisteswissenschaftler auch auf die veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes reagieren. Zum Beispiel wären Kombinationen möglich, daß ein Student der Sprachwissenschaften juristische oder wirtschaftswissenschaftliche Module einflechten will, um sich für die Arbeit in einer Stabsstelle eines Unternehmens vorzubereiten.

Der Fakultätentag formulierte einige Bedingungen, um die Qualität des geisteswissenschaftlichen Studium zu sichern. Eine klare Absage erteilten die Geiteswissenschaftler der vom Wissenschaftsrat verfolgten Idee, beim Bachelor nur noch ein Fach zu studieren. Nach wie vor sollten die Studierenden mehrere Disziplinen aus dem Fächerkanon auswählen. Wer "nur eine schmale Spezialdisziplin studiert, wird später auf dem Arbeitsmarkt nicht die Spur einer Chance besitzen," erklärte der Vorsitzende des Fakultätentages, Professor Grimm. "Das Ein-Fach-Studium wäre ein verhängnisvoller Weg für die Absolventen."

Wenn das neue Modell umgesetzt wird, dürfte es nach den Erwartungen des Fakultätentages künftig für deutsche Bakkalaureaten kein Problem mehr sein, ohne Zeitverzug ein Magisterstudium in den USA anzuschließen. Auch für ausländische Studenten würden die deutschen Hochschulen damit attraktiver, weil sie dann einen klaren modularen Studienaufbau vor sich fänden.

UWE SCHLICHT

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