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Gesundheit: Nur noch ein Jahr im Referendariat

Wie die Krise des Lehramtsstudiums beendet werden soll

Die Ausbildung der Lehrer ist seit langem für ihre zahlreichen Schwächen berüchtigt: für das praxisferne, allzu lange Studium, die langen Prüfungszeiten beim Landesamt für Lehramtsprüfungen und schließlich für die Entmündigung der Lehramtsanwärter im Referendariat, einer bislang völlig vom Studium abgetrennten Phase. Mit der Reform soll sich nun vieles ändern.

Ab dem Wintersemester 2004 studieren die angehenden Lehrerinnen und Lehrer zunächst in einem sechssemestrigen Bachelorstudiengang. Neben fachwissenschaftlichen Modulen sind dem neuen Eckpunktepapier zufolge von Anfang an auch pädagogische und didaktische Kurse zu belegen. Insgesamt sollen diese Anteile im Studium ausgeweitet werden. Das bedeutet, dass auch Studierende an der Freien Universität in einem lehramtsspezifischen Bachelor studieren. Die Freie Universität kann also nicht das von ihr ursprünglich favorisierte Modell umsetzen. Danach hätten die angehenden Lehrer während des gesamten Bachelors nur die Fachwissenschaften studiert und erst im Masterstudiengang lehrerspezifische Kurse wie Erziehungswissenschaften und Psychologie aufgesattelt. An der Uni war damit argumentiert worden, die Fachwissenschaften würden sonst „unterminiert“. Die angehenden Lehrer wären aber über Jahre von pädagogischdidaktischen Inhalten abgeschnitten gewesen. Benjamin Hoff, der hochschulpolitische Sprecher der PDS, sieht die „Arroganz der Fachwissenschaften“ durch den neuen Entwurf „zurückgenommen“.

Die Inhalte des Bachelorstudiums sind wie bislang für die Lehrer der unterschiedlichen Schulstufen und -typen gleich. Das stößt auf heftige Kritik des Vizepräsidenten für Lehre und Studium an der Humboldt-Universität, Heinz-Elmar Tenorth. „Es ist ein Fehler, so zu tun, als könne man die Lehrer zu Universalwaffen ausbilden“, sagt Tenorth: „Lehrer am Gymnasium zu sein, ist etwas völlig anderes als in der Grundschule.“ Er befürchtet, dass die Reform nur alten Wein in neue Schläuche füllt: „Statt Vielfalt bleibt das alte Schema erhalten. Keiner muss etwas ändern. Damit wird die Chance der Studienreform verschenkt.“

Das Lehramtsstudium wird dann in einem ein- bis zweijährigen Masterstudium fortgesetzt. Es soll für alle offen sein, nicht nur für die leistungsstärksten Studenten, wie etwa die Freie Universität beschlossen hatte.

Der Masterabschluss löst das Erste Staatsexamen ab und wird diesem gleichgestellt.

Das Landesamt für Lehramtsprüfungen, das bisher die Aufsicht über die Staatsprüfung übernahm, hat nur noch eine Notariatsfunktion.

Da schon im Masterstudium diejenigen Ausbilder lehren sollen, die den Studierenden bislang erst in der Schule im Vorbereitungsdienst begegneten, kann das zweijährige Referendariat auf ein Jahr verkürzt werden. Am Ende steht das Zweite Staatsexamen. Bildungssenator Böger wollte das Referendariat nur um ein halbes Jahr verkürzen.

Wer sein Studium nach altem Lehrerbildungsrecht aufgenommen hat, kann es nach diesem Recht auch zu Ende bringen.

Das reformierte Studium sollte eigentlich schon in diesem Herbst beginnen. Allerdings kam die Diskussion innerhalb der SPD nicht rechtzeitig zu Ende. Für die Universitäten sind die Änderungen des ursprünglich geplanten Konzepts ein Ärgernis, wie Dieter Lenzen, Erster Vizepräsident der Freien Universität, sagt: „Wenn wir ständig alles neu machen müssen, zerstört das die Motivation der Leute.“ Die Curricula seien bereits weitgehend geplant gewesen. Heinz-Elmar Tenorth, Vizepräsident der Humboldt-Universität für Lehre und Studium, sagte, der Reformstau in der Lehrerbildung habe dazu geführt, dass auch die Modularisierung in anderen Studiengängen eingeschlafen sei, die einen hohen Anteil von Lehramtsstudenten haben: „Warum sollen wir uns da reinhängen, wenn wir ständig ausgebremst werden?“ fragt Tenorth. Sollte das Gesetz nicht im Herbst verabschiedet werden, sei ein Start im Wintersemester 2004 unmöglich. akü

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