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Gesundheit: Per Parteibuch zu Uni-Ehren

Für so manchen Ehrendoktor aus totalitären Zeiten schämt man sich heute an der TU und der HUVON INGO BACHDa hat die Humboldt-Universität noch einmal Glück gehabt: Ein Dr.h.

Für so manchen Ehrendoktor aus totalitären Zeiten schämt man sich heute an der TU und der HUVON INGO BACHDa hat die Humboldt-Universität noch einmal Glück gehabt: Ein Dr.h.c.Erich Mielke findet sich in ihren Ehrendoktorlisten nicht.Dabei hätte die juristische Fakultät 1967 den Stasi-Minister gern mit einer Ehrenpromotion geschmückt, für bedeutende "Verdienste um die Förderung der Staats- und Rechtswissenschaften in Theorie und Praxis".Der Antrag wurde jedoch abgelehnt, weil derlei Ehrungen nur durch das Zentralkomitee der SED angängig seien. Jede Hochschule, die das Promotionsrecht besitzt, kann auch Ehrendoktoren ernennen.In Berlin sind dies die FU, HU und TU.Während die FU durch die Gnade der späten Geburt nicht in die peinliche Situation kam, sich mit Hilfe akademischer Ehrungen mit totalitären Regimen arrangieren zu müssen, hat die HU gleich zweimal Pech gehabt.In der NS-Zeit verlieh sie meist ausländischen Wissenschaftlern und Politikern, die mit den Nazis kollaborierten, den Doktor ehrenhalber.Daß sich kein Dr.h.c.Joseph Goebbels in den Listen findet, lag nicht etwa am Unwillen der Universität, sondern an der Intellektuellenfeindlichkeit der Nationalsozialisten.So wiederholte Hitler mehrfach sein Verbot, "führenden Männern der NS-Bewegung" akademische Ehrungen zu verleihen. Die DDR-Oberen hatten da keine Bedenken und bescherten der HU promimente wie problematische Ehrendoktoren, wie beispielsweise den SED-Chefideologen Kurt Hager oder auch die stalinistisch geprägte Justizministerin Hilde Benjamin, die in den 50er Jahren für eine Reihe politischer Schauprozesse und Todesurteile verantwortlich war.Wegen dieser "Fehltritte" bescheinigt der jetzige Präsident, Professor Hans Meyer, der Universität eine gewisse Affinität zur Macht.Dies bedarf der Aufarbeitung.Seit November 1996 existiert eine Kommission, die vor allem den Entzug von Promotionen aus politischen Gründen während der Nazi- und DDR-Zeit durchleuchten soll. Schon 1947 hatte eine Kommission erfolglos versucht, die universitäre Vergangenheit aufzuarbeiten.Nach der Überprüfung aller akademischen Ehrungen der Nazi-Zeit geschah jedoch nichts; die Betreffenden seien "gebrechlich, verstorben oder hingerichtet".Der wahre Grund jedoch war die Angst, durch "eine pressemäßig ausgewertete Damnatio Memoriae nur unnötig Staub aufzuwirbeln", wie es in der Rückmeldung der damaligen Staatswissenschaftlichen Fakultät heißt.Nicht einmal zu einer Streichung konnte man sich durchringen. Ob die heutige Kommission ähnlich votieren wird, soll in den Sommerferien klar sein.Präsident Meyer glaubt jedenfalls nicht, daß die Uni durch eine nachträgliche "Säuberung" der Ehrendoktorlisten diese Fehltritte korrigieren könnte."Das ist eine Last aus der Vergangenheit, zu der sich die Universität bekennen und für die sie sich schämen muß." Natürlich muß sich die Uni bei weitem nicht aller knapp 1500 Personen, die sie seit ihrer Gründung 1810 zum Doktor ehrenhalber gemacht hat, schämen.Darunter befinden sich Berühmtheiten wie Albert Schweitzer, Alfred Döblin und Heinrich Mann oder Bernhard Grzimek.Auf diese Zierden der Universität stößt man allerdings nur im Archiv, denn "würden wir damit Werbung machen, hängt man uns den Hager gleich daneben", sagt Meyer. Auch die TU, die seit 1899 Promotionsrecht besitzt, macht keine große Reklame mit ihren knapp 250 Ehrendoktoren.In der Zeit von 1933­45 glänzte sie nicht gerade durch Staatsferne.In einem Ausstellungskatalog zum 50jährigen Jubiläum heißt es: "Während der Gleichschaltung zeichnete sich die Hochschule durch peinlich genaue und termingerechte Beachtung aller neuer Vorschriften aus." Nach Auskunft des TU-Archivs gibt es keine Hinweise darauf, daß die von 1933-45 ernannten Ehrendoktoren überprüft, geschweige denn in bestimmten Fällen aberkannt wurden.Im Gegenteil, ehemalige Wissenschaftler der TU, die den Nazis zu Diensten waren, wurden später zu Ehrendoktoren gemacht.So 1963 Wernher von Braun, der maßgeblich an der Entwicklung der "Vergeltungswaffe" V2 beteiligt war, später in den USA zum Leiter des Apollo-Raumfahrtprogramms avancierte. Doch auch in der Gegenwart könnte so mancher Ehrendoktor-Stolperstein auf die Universitäten lauern, vor allem auf die im künftigen Regierungsviertel gelegene HU."Wenn aus außenpolitischen Gründen einem ausländischen Staatsgast der Ehrendoktortitel verliehen werden soll, wird man sicher bevorzugt auf uns verfallen", fürchtet Meyer.Er kündigt an, daß man sich in diesen Fällen außerordentlich reserviert verhalten werde.Am liebsten sind dem Präsidenten Ehrendoktoren, die für den Ausgezeichneten wie für die auszeichnende Universität eine Zierde sind."Auf diesem Wege kann man hervorragende Gelehrte an die Universität binden", sagt Meyer, der ­ übrigens lange vor seiner Präsidentschaftskandidatur ­ selbst von der HU zum Ehrendoktor ernannt werden war.Trotzdem warnt Meyer vor einer "inflationären" Ernennungspraxis."Wir kommen auf etwa drei Ehrenpromotionen pro Jahr." Und dabei soll es für Meyer auch bleiben, denn sonst verliere der Titel "die gewünschten Wirkung."

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