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Gesundheit: Positionen: Eine Chance für die Lehrstuhlerneuerung

Die Wissenschaftspolitik in Berlin wird derzeit bestimmt von den zwei bedeutendsten Vorhaben dieser Legislaturperiode: der Verlängerung der Hochschulverträge und der Novellierung des Hochschulgesetzes. Berlin kann und muß jetzt beweisen, welche Priorität die Wissenschaft jenseits wohlfeiler Reden tatsächlich genießt.

Die Wissenschaftspolitik in Berlin wird derzeit bestimmt von den zwei bedeutendsten Vorhaben dieser Legislaturperiode: der Verlängerung der Hochschulverträge und der Novellierung des Hochschulgesetzes. Berlin kann und muß jetzt beweisen, welche Priorität die Wissenschaft jenseits wohlfeiler Reden tatsächlich genießt.

Diese Stadt, die als Hauptstadt, als Kulturstadt in der Gesamtregion ihre Zukunft sichern muss, kann den Wettbewerb um die intelligenten Standorte nur dann gewinnen, wenn die Politik bei den sicher notwendigen Sparvorgaben Augenmaß bewahrt und erkennt, dass die Pflege der wissenschaftlichen Potenziale kein Selbstzweck ist, sondern den Lebensnerv Berlins trifft. Nach Abwanderung und Wegfall wesentlicher Teile des produzierenden Gewerbes wird Berlin nur durch wissensbasierte Industrie wieder zu eigenständiger Wirtschaftskraft gelangen. Auf dieser Basis sind auch neue Arbeitsplätze zu erwarten.

In einer solchen Situation sind 85 000 Studienplätze eine fast blamable Untergrenze dessen, was sich eine Region wie Berlin leisten muss, weil Hochschulen und Forschungseinrichtungen vor allem Bestandteil öffentlicher Zukunftsvorsorge sind. Sie sind Investitionen in die Zukunft der jungen Generation und in die Zukunft Berlins. Berechnungen über die indirekten Beschäftigungseffekte von Universitäten besagen, daß 136 000 Studierende für Berlin die Sicherung von mindestens 10 000 Beschäftigungsverhältnissen außerhalb der Hochschulen bedeuten. Hinzu kommen Drittmitteleinwerbungen von ca. 500 Millionen Mark jährlich, was weiteren 6000 hochwertigen Arbeitsplätzen entspricht.

Wer angesichts dieser simplen Daten auch heute schon wieder Überlegungen anstellt, in der Medizin oder anderen Wissenschaftsbereichen Einsparungen in einer Größenordnung von 150 Millionen Mark zu erbringen, versündigt sich schlichtweg an der Zukunft dieser Stadt. Das sollte sich die SPD noch gründlich überlegen. Schlimm genug, dass Berlin seit der Wende knapp ein Drittel seines wissenschaftlichen Gesamtpotenzials eingebüßt hat, so dass in der letzten Haushaltsrunde nur noch der investive Bereich bei den Hochschulen als Opfer übrig blieb - fast so etwas wie ein Sakrileg.

Dabei haben Berlins Hochschulen quasi mit dem Rücken zur Wand immer noch gute Miene zum bösen Spiel gemacht und sich wie sonst keine Einrichtung in der Stadt zu Reformen durchgerungen, die sie zudem in großem Tempo umgesetzt haben: Sie haben sich der Evaluation durch den Wissenschaftsrat gestellt, neue Leitungsstrukturen entwickelt, die Finanzierung auf Leistungsbasis umgestellt - und das alles trotz zum Teil überkommener Gremienstrukturen, die die Entscheidungsprozesse erschweren. Die Politik hat ihnen dazu die nötigen Freiheiten jenseits der allzu knappen Finanzierung gewährt - in der Annahme, die Wissenschaftseinrichtungen mit der dort versammelten Intelligenz wüssten besser, was für sie gut ist als die für sie zuständigen Parteienvertreter.

Es wäre fatal, wenn das Parlament jetzt, da die Hochschulverträge zur Verlängerung anstehen und das Hochschulgesetz mutig in die Zukunft hinein neu formuliert werden müßte, die existenzielle Bedeutung unterschätzen würde, die Wissenschaft und Forschung für die Zukunft der Region tragen.

Berlin hat mit den vierjährigen Verträgen für seine Universitäten 1997/ 98 eine Vorreiterrolle in der bundesdeutschen Hochschulpolitik gespielt. Die CDU fordert daher, dass diese Verträge mindestens auf dem bisherigen Niveau fortgeschrieben werden, das heißt Tarifvorsorge von 1,5 Prozent, Inflationsausgleich von einem Prozent für die Sachmittel und eine Übernahme der zusätzlichen Pensionslasten. Hochschulen sind keine Pensionskassen, sondern Zukunftsinvestitionen. Es muss außerdem einen Berufungsfonds geben, der den Berliner Unis den Wettbewerb um die besten Köpfe ermöglicht, der angesichts des bundesweiten Generationswechsels bei den Professoren entsteht: Er kann eine große Chance für die Universitätsstadt Berlin sein, wenn unsere Hochschulen bei der Anwerbung mithalten können.

Die Unis sind außerdem bereit, vom Jahr 2002 an einen Teil ihres Zuschusses nach Leistungskriterien bewerten zu lassen - auch hier vorbildhaft für andere Berliner Landeseinrichtungen.

Die Hochschulen haben dafür endlich ein mutiges neues Gesetz verdient. Die Unileitung und der Hochschulrat sollen gestärkt werden, eine wirtschaftliche Betätigung der Unis muss erleichtert werden, und Anreize für eine stärkere Internationalität werden benötigt. Die Universitäten müssen sich ihre Studierenden endlich selbst auswählen; dann werden auch sozialverträgliche Studiengebühren kein Tabu mehr sein. Sogar weitreichende Änderungen wie die Umwandlungen der Hochschulen in Stiftungen oder andere Körperschaftsmodelle sollten durch ein neues Berliner Hochschulgesetz ermöglicht werden.

Sicher ist, daß die Wirtschaft Innovationen im deutschen Hochschulwesen eher unterstützt als das überkommene heutige System. Ein wesentliches Charakteristikum neuer Strukturen sollte die Staatsferne künftiger Berliner Wissenschaftseinrichtungen sein. Nur so kann Berlin seine Zukunftsfähigkeit beweisen und sichern. Wenn die Berliner Politik das jetzt nicht begreift, ist der Stadt nicht mehr zu helfen.

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