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Gesundheit: Prinzip Bionik: Reifen, die sich selber reparieren

Jetzt seien seine Ideen anerkannt. Doch jahrzehntelang habe er wie gegen Windmühlen kämpfen müssen, sagte Wilhelm Barthlott am Mittwoch bei der Eröffnung des Bionik-Industriekongresses in Berlin.

Jetzt seien seine Ideen anerkannt. Doch jahrzehntelang habe er wie gegen Windmühlen kämpfen müssen, sagte Wilhelm Barthlott am Mittwoch bei der Eröffnung des Bionik-Industriekongresses in Berlin. Der Direktor des Bonner Botanischen Gartens entdeckte an Lotus-Pflanzen einen selbstreinigenden Effekt. Einen Paradigmenwechsel habe es bedeutet, dass raue Oberflächen besser sauber zu halten seien als glatte, erklärte Werner Michel, Manager bei Degussa in Hanau.

Das scheint vorbei, schließlich spricht jetzt alle Welt vom Lotus-Effekt. Und Degussa entwickelt mit Barthloggs Lizenzen Kunststoffe, die sich selbst reinigen. Doch auf anderen Feldern könnte sich die Ignoranz schon noch hemmend auswirken. Der Aufklärung über die Chancen durch Bionik hat sich daher Rudolph Bannasch verschrieben, Vorsitzender von „Biokon“, dem Berliner Verein, der die zweitägige Veranstaltung gemeinsam mit dem Bundesforschungsministerium (BMBF) veranstaltet.

An Beispielen mangelt es nicht, wie nützlich das Vorbild der Natur für technische Problemlösungen sein kann. Unter den 300 Teilnehmern und 23 Ausstellern im Maritim-Hotel findet sich auch Klaus Mattheck. Der Physiker vom Forschungszentrum Karlsruhe studiert seit langem, wie Bäume wachsen. Wie es manche schaffen, auch bei Orkanen nicht abzuknicken. Mattheck fand heraus, dass Bäume beim Wachsen alles tun, um Spannungen zu vermeiden.

Das spannungsarme Prinzip wendet Mattheck jetzt auch auf den gegenteiligen Vorgang, das Schrumpfen, etwa bei der Knochenbruchheilung, an. „In der Natur haben sich einfache, aber wirkungsvolle Prinzipien bewährt, um Bäume stabil und Knochen leicht zu machen“, sagt er. Dies lasse sich etwa für haltbare Knochenschrauben und gewichtsparende Motoraufhängungen nutzen. Natürliche Designprinzipien führen automatisch zum Leichtbau, einem viel versprechenden Feld der Bionik, so Thomas Speck.

Angeregt wurde der Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg durch die Banane. Deren Stengel seien stabil gegen Biegen und Drehen, obwohl sie nur aus weichen Strukturen bestünden. Lassen sich nach diesem Prinzip nicht ultraleichte Fußböden herstellen, die prima wärmeisoliert sind?

An ultraleichten Werkstoffen hat die Luftfahrtindustrie Interesse, an selbstreparierenden Materialien die Reifenhersteller, an schnittigen, Fischen nachempfundenen Karosserien die Autobauer. „Vor vier oder fünf Jahren haben wir händeringend Partner gesucht“, sagt Speck. Jetzt würden die Freiburger Bioniker von der Industrie gezielt angesprochen. Bionik sei eines der wenigen Gebiete, in denen Deutschland weltweit führend ist, erklärt Speck. Da sieht sich das BMBF auf dem richtigen Weg. „Wir fördern die Bionik-Forschung in den nächsten fünf Jahren mit insgesamt rund 50 Millionen Euro“, erklärte der zuständige Referatsleiter Jürgen Heidborn.

Paul Janositz

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