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Gesundheit: Privates soll privat bleiben

Berlins Hochschulpräsidenten warnen vor Millionen-Unterstützung für neue Privat-Uni zu ihren Lasten / Entgegen bisherigen Zusagen fordern Initiatoren 25 Millionen Euro vom Land Berlin / Staatsrats-Gebäude schon kostenlos überlassen

Von Bärbel Schubert

Berlins Hochschulpräsidenten warnen davor, die geplante Privat-Hochschule aus dem Hochschuletat des Landes mit zusätzlichen Millionenbeträgen zu unterstützen. „Wir müssen trotz unserer Reformanstrengungen Millionen einsparen. Wenn jetzt die neue Privathochschule erhebliche Mittel verlangt, darf das nicht zu unseren Lasten gehen“, forderte der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, Peter Gaehtgens.

Die neue Hochschule sei aber grundsätzlich willkommen. „Als Prestigeobjekt ist sie wichtig für die Hauptstadt“, sagte Gaehtgens, der zugleich Präsident der Freien Universität ist. Angesichts der katastrophalen Kassenlage in Berlin müssten die staatlichen Hochschulen aber Priorität haben. Der neue Präsident der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, Herbert Grüner, zeigte sich „entsetzt, aber nicht wirklich überrascht“. Grüner: „Es ist ein Armutszeugnis für die deutsche Wirtschaft, dass sie von einer privaten Elite-Hochschule spricht, aber Geld vom Staat fordert.“

Damit reagierten die Präsidenten darauf, dass die Initiatoren der geplanten Elite-Privathochschule am Schlossplatz rund 25 Millionen Euro vom Berliner Senat fordern – entgegen ihren bisherigen Zusicherungen, keine staatliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Außerdem erhalten sie von Berlin bereits das Gebäude des ehemaligen Staatsrats zur kostenlosen Nutzung überlassen. Dessen Verkehrswert beträgt knapp 24 Millionen Euro, wie Berlins Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) kürzlich vor dem Wissenschaftsausschuss darlegte. Andererseits liege dem Senat aber bis heute weder ein Finanzkonzept noch ein Genehmigungsantrag für das Projekt vor. Außerdem sieht Flierl weitere Finanzrisiken für das Land Berlin bei diesem Vorhaben.

Nun geht das Rätselraten um die neue Hochschule weiter, an der künftig unter exklusiven Bedingungen die Managerelite ausgebildet werden soll. Der vorläufige Studienbetrieb war von den Initiatoren für diesen Herbst angekündigt. Das Stiftungskapital in Höhe von über 100 Millionen Euro sollte durch private Spenden zusammenkommen. Eine für Ende August angekündigte Pressekonferenz zu Planungen und inhaltlichem Konzept fand dann aber doch nicht statt. Das Rätselraten wurde noch dadurch verstärkt, dass die Verantwortlichen Auskünfte vor dem offiziellen Startschuss verweigern. Jetzt wurde zu einer offiziellen Gründungsfeier Ende Oktober eingeladen. Der Semesterbeginn ist dann allerdings längst verstrichen.

Im Kreis der Initiatoren sind so bekannte Persönlichkeiten wie Thyssen-Vorstand Gerhard Cromme versammelt. Die Ansiedlung in Berlin hatten sie davon abhängig gemacht, dass die Hochschule das Staatsrats-Gebäude kostenlos erhält. Dafür muss es das Land vom bisherigen Eigentümer, dem Bund, erwerben. Darüber hinaus sollten dem Land Berlin keine weiteren Kosten entstehen. Als Standortalternative ist München im Gespräch, wo nun ebenfalls ein Zweig der Hochschule aufgebaut werden soll.

Fragezeichen beim Finanzkonzept

Der laufende Betrieb der European School of Business and technology (ESMT) soll aus den Zinsen des Stiftungskapitals finanziert werden. 100 Millionen Euro sollen dies nach Aussage von Cromme werden plus 25 Millionen Euro von der Hertie-Stiftung. Tatsächlich kamen bisher erst 75 Millionen Euro zusammen, wie Flierl jetzt unter Berufung auf Gründungsdekan Wulff Plinke vortrug. Die Mittel der Hertie-Stiftung sollen über die kommenden fünf Jahre fließen. Außerdem werden Studiengebühren erhoben.

Dennoch wecken die bisher bekannten Rahmendaten Zweifel an der Finanzierung der Hochschule: Aus 100 Millionen Euro lassen sich bei optimistisch geschätzten fünf Prozent Zinserträgen pro Jahr fünf Millionen Euro für den Betrieb der Hochschule erwirtschaften. Zum Vergleich: Die Humboldt-Universität erhält für ihren Kernbereich ohne Medizin 220 Millionen Euro pro Jahr. Mit rund 350 Professoren ist die HU zwar fast sechsmal so groß wie die Neugründung und bietet mehr als nur die relativ preiswerten Wirtschafts-Studiengänge an. Doch zumindest im zweistelligen Millionenbereich wird auch die ESMT ihre jährlichen Kosten kalkulieren müssen. Ein regelmäßiger Zuschuss aus dem Topf der öffentlichen Hochschulen scheint unrealistisch, bedenkt man die Einsparungen bei den Hochschulen bis 2005 und die angekündigten weiteren Einschnitte.

Die Bedenken gegen das neue Projekt werden auch dadurch geschürt, dass die bekannten privaten Hochschulgründungen in Deutschland bisher erhebliche staatliche Mittel in Anspruch nehmen. Bekannteste Beispiele sind die International University in Bremen und die Universität Witten-Herdecke, wo das Land Nordrhein-Westfalen inzwischen mehr Zuschuss pro Student zahlt als an einer staatlichen Hochschule. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Klaus Landfried, forderte mit Blick auch auf die Millionenzahlungen in Bremen: „Privates muss auch privat finanziert werden.“

Zusätzliche Finanzrisiken für Berlin sieht Wissenschaftssenator Flierl in der ungeklärten Übernahme des Staatsratsgebäudes durch die neuen Nutzer. Der Bund will das Gebäude nach Flierls Worten bald übergeben. Wenn dann die ESMT nicht einzieht, muss das Land die Bewirtschaftungskosten aufbringen. Schon bisher stehen nach Flierls Worten den 75 Millionen Euro privat aufgebrachter Mittel 23,8 Millionen Euro vom Land Berlin gegenüber.

Konzept vermisst

Auch ein inhaltliches Konzept liege noch nicht vor. In Berlin ist die staatliche Anerkennung von Studiengängen an die Beurteilung des Wissenschaftsrates geknüpft, um die Qualität der Angebote zu sichern. Auch dafür fehlen bisher die Unterlagen. Flierl: „Mit Schreiben des Staatssekretärs wird Prof. Plinke auf die genannten Erforderlichkeiten nochmals hingewiesen und der Erwartung Ausdruck verliehen, dass es gelingen möge, vor dem Festakt am 31. Oktober Unterlagen einzureichen, die es ermöglichen eine Anerkennung in Aussicht zu stellen."

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