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PROF. TSOKOS ermittelt: Aus dem Leben gerissen

Der Leiter der Berliner Rechtsmedizin über den plötzlichen Herztod des Tierpflegers Thomas Dörflein

Ein Mann, groß und stark wie ein Baum, bricht zusammen und stirbt. Viele Menschen waren entsetzt, als sie am vergangenen Montag vom Tod des Tierpflegers Thomas Dörflein erfuhren. Der nach außen gesund wirkende 44-Jährige, der sich aufopferungsvoll um Eisbärbaby Knut gekümmert hatte, wurde aus dem Leben gerissen. In der Wilmersdorfer Wohnung, in der Dörflein starb, fanden die Kriminalbeamten keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen oder einen Suizid. Um die Todesumstände zu klären, ordnete die Staatsanwaltschaft eine Obduktion an.

Im Körper von Thomas Dörflein fanden wir eine Thrombose, die sich frisch gebildet hatte. Dabei handelt es sich um eine Gefäßerkrankung, in deren Verlauf ein Gerinnsel aus Bluteiweißen und Blutplättchen entsteht. Wenn so ein Klümpchen ein Herzkranzgefäß verstopft, kommt es zum Herzinfarkt. Daran ist auch Berlins berühmter Tierpfleger gestorben.

Das Schlimme an einer Thrombose: Es gibt häufig keine Warnzeichen, Betroffene bemerken sie zunächst nicht – bis der Infarkt da ist. Zudem kann diese Erkrankung Menschen in jedem Alter treffen. Wir haben bereits 20-Jährige obduziert, die an einem Herzinfarkt infolge einer Thrombose gestorben waren. Es gab auch schon Fälle, bei denen das Opfer kurz vorher noch in ärztlicher Behandlung war und ein unauffälliges EKG hatte.

Die Neigung zur Thrombosenbildung hat verschiedene Ursachen. Neben einer genetischen Komponente hat auch der Lebenswandel einen Einfluss – wer beruflich viel Stress hat und raucht, gehört zu einer Risikogruppe. Aber: Wer völlig gesund lebt und Sport treibt, ist vor einem plötzlichen Tod auch nicht gefeit. Fußballspieler, die unvermittelt zusammenbrechen, machen immer wieder Schlagzeilen. Durch das intensive Training vergrößert sich die Körpermuskulatur, auch der Herzmuskel. Die Blutgefäße wachsen jedoch nicht im selben Maße mit. So kann es zu einer Unterversorgung kommen.

Glück im Unglück hatte diesbezüglich vor Kurzem Ümit Özat, der Kapitän des 1. FC Köln. Er sackte während eines Spiels gegen den Karlsruher SC zusammen, blieb liegen und griff sich an die Brust. Durch die schnelle medizinische Versorgung auf dem Spielfeld und sofortige Wiederbelebungsmaßnahmen wurde er gerettet. In der Presse wurde über eine Herzmuskelentzündung als Ursache spekuliert. Der Zwischenfall weckte Erinnerungen an den plötzlichen Herztod des spanischen Fußballers Mariano Puerta und des Kameruner Nationalspielers Marc-Vievien Foé, beides gesund und kräftig wirkende Männer – wie Thomas Dörflein. So unvorhersehbar wie das Leben ist eben auch der Tod.

Michael Tsokos

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