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Gesundheit: Psychologie: Auch Computer können verführen

Kann ein Computer eine Persönlichkeit haben? Offenbar schon.

Kann ein Computer eine Persönlichkeit haben? Offenbar schon. Zumindest eine computergenerierte Stimme. Denn sobald wir eine Stimme hören, egal ob sie echt ist oder synthetisch, assoziieren wir damit Persönlichkeitsmerkmale, etwa, ob diese Stimme zu einem eher verlegenen oder offenen Charakter passt.

Wie eine Studie im Fachblatt "Journal of Experimental Psychology" jetzt herausfand, empfinden wir eine Stimme um so schöner, je mehr sie unserem eigenen Charakter entspricht. Das funktioniert sogar, wenn die Stimme von einem Computer stammt.

In ihrem Experiment testeten die Psychologen Clifford Nass und Kwan Min Lee von der Stanford-Universität in Kalifornien 72 Probanden, die einer Buchbesprechung lauschten. Die Stimme, die die Rezension vorlas, war computergeneriert und konnte gezielt verändert werden. Sprach sie schneller und lauter, wirkte ihr Charakter eher extrovertiert. Sprach sie langsamer und leiser, bekam man den Eindruck, diese Stimme passe eher zu einer introvertierten Person.

Es zeigte sich, dass die 36 Probanden, die sich in Persönlichkeitstests als extrovertiert herausgestellt hatten, die laute und schnell sprechende Stimme als besonders attraktiv einstuften, während die introvertierten Versuchspersonen zu dem genau entgegengesetzten Urteil kamen: sie fanden die introvertiert wirkende Stimme angenehmer. Die ganze Buchbesprechung gefiel beiden Gruppen besser bei "passender" Stimme.

Einen interessanten Aspekt ergab sich dabei für Verkaufsmanager: Wenn die "Persönlichkeit" der Stimme, die das Buch besprach, dem Charakter der Versuchsperson ähnelte, war diese auch eher bereit, das Buch zu kaufen. Deshalb könnte es für eine Webseite, die etwas an den Mann bringen will, sinnvoll sein, sich zunächst nach der Persönlichkeit des surfenden Konsumenten zu erkundigen, um ihn dann einen Computerhomunkulus mit passender Stimme als Kaufberater zur Seite zu stellen.

Das Resultat der Stanford-Studie indes reiht sich in eine lange Serie von psychologischen Untersuchungen, die alle zu einem ähnlichen Schluss kommen: Wir Menschen mögen Menschen, die uns ähnlich sind. Während man im Volksmund häufig noch die Weisheit "Gegensätze ziehen sich an" hört, kommen Psychologen immer mehr zur Auffassung, dass vor allem gleich und gleich sich gut gesellt.

Dauerhafte Freund- und Partnerschaften sind häufig von Ähnlichkeiten bis ins letzte Detail gekennzeichnet: Nicht nur, dass sich die Partner oft im Körperbau, in der Haar- und Augenfarbe ähneln. Auch ihr sozialer Hintergrund, ihre politischen Einstellungen und die Persönlichkeit gleichen sich nicht selten in höchstem Maße. Das geht bis hin zu dem Befund, dass der IQ der Partner in vielen Fällen nur um wenige Punkte voneinander abweicht.

Auch wenn dieser Befund ziemlich eindeutig ist - über die Gründe des Phänomens streiten die Geister sich noch. Mindestens drei werden angeführt, die sich gegenseitig nicht ausschließen müssen:

Bestätigung. Ein ähnlicher Mensch wird uns selbst eher bestätigen als ein Mensch, der ganz anders tickt. Je ähnlicher unser Gegenüber ist, um so wahrscheinlicher, dass dieser unsere Äußerungen versteht, über unseren Humor lachen kann, unsere Vorlieben mit uns teilt. Unser Wesen und unsere Weltsicht werden durch den anderen umso mehr bestätigt, je ähnlicher er uns ist.

Vorhersagefähigkeit. Wenn uns ein anderer Mensch gleicht, fällt es uns leichter, sein Verhalten nicht nur zu verstehen, sondern auch vorherzusagen. Das gibt uns ein Gefühl angenehmer "Kontrolle".

Wechselseitigkeit. Von einem Menschen, der uns ähnlich ist, erwarten wir, dass auch er uns eher mag. Und sobald wir erwarten, dass uns der andere mögen könnte, sind wir diesem anderen gegenüber gleich positiv eingestellt.

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