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Gesundheit: Recht auf Nichtwissen

Ethikrat: Was Versicherungen testen dürfen

Was dürfen Versicherungen vor Vertragsabschluss über die Gesundheit ihrer potenziellen Kunden wissen? Informationen dürfen sie nur sammeln, wenn es konkrete Hinweise für Krankheitsrisiken gibt. Tests und Untersuchungen, die ohne Vorliegen von Auffälligkeiten Voraussagen über die gesundheitliche Zukunft erlauben, sollen dagegen nicht gefordert oder berücksichtigt werden dürfen. Das ist der Kern einer Stellungnahme zu „Prädiktiven Gesundheitsinformationen beim Abschluss von Versicherungen“, die der Nationale Ethikrat am gestrigen Donnerstag veröffentlichte (www.ethikrat.org/stellungnahmen/stellungnahmen.html). Sie bezieht sich ausschließlich auf privat abgeschlossene Versicherungen, nicht auf die gesetzliche Kranken- oder Pflegeversicherung.

Die Stellungnahme wurde nach den Worten des Arbeitsgruppensprechers Peter Propping nötig, weil die Möglichkeiten der modernen Medizin vor allem im Bereich der Molekulargenetik gewachsen sind. „Die Anlage für etwa 2500 genetische Erkrankungen kann man heute mit Tests erfassen.“ Das gibt Anlass zur Befürchtung, wer die schlechteren genetischen Karten gezogen habe, werde eines Tages vom bitter nötigen Versicherungsschutz ausgeschlossen oder müsse höhere Prämien zahlen.

Der Ethikrat befürwortet deshalb die Aufrechterhaltung einer recht weit gehenden freiwilligen Selbstverpflichtung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft: Bis Ende 2011 wollen die Versicherungen darauf verzichten, von den Antragstellern die Mitteilung ihnen bekannter Ergebnisse von genetischen Tests zu verlangen.

Der frühere Justizminister Jürgen Schmude legte bei der Vorstellung des Papiers Wert auf die Feststellung, dass man auf beiden Seiten von den neuen Methoden problematischen Gebrauch machen kann. So müsse auch die Sorge der Versicherer ernst genommen werden, dass „Trittbrettfahrer“ in Kenntnis ihrer Krankheitsrisiken gezielt für sie günstige Verträge abschließen. Wichtig sei deshalb im Sinne des Schutzes der Versicherten und der Funktionsfähigkeit der Versicherungen eine Wissensparität. Sie schließt seitens des Versicherten, wie die Ethikrats-Vorsitzende Christiane Weber-Hassemer verdeutlichte, durchaus das Recht auf Nichtwissen über genetische Risiken ein.

Die Selbstverpflichtung der Versicherer, vorhersagende (prädiktive) Gesundheitsinformationen nicht einzufordern, die der Ethikrat ausdrücklich begrüßt, führt heute de facto bei privaten Versicherungen zu einer Ungleichbehandlung zwischen Menschen, die eine Krankheit hatten oder haben und anderen, die ein genetisches Risiko für eine Erkrankung tragen. „Das werden wir nicht beseitigen können“, sagte Wolfgang van den Daele vom Ethikrat. aml

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