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Gesundheit: Recycling-Plastik bald so gut wie neu?

Gibt es irgendwann sogar Lebensmittel-Verpackungen aus recyceltem Kunststoff? Das Duale System Deutschland (DSD) jedenfalls ist - gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin - dabei, Verfahren zu entwickeln, die zu einer noch besseren Qualität von aufgearbeitetem Altmaterial führen, so dass es der Neuware so gut wie gleich kommt.

Gibt es irgendwann sogar Lebensmittel-Verpackungen aus recyceltem Kunststoff? Das Duale System Deutschland (DSD) jedenfalls ist - gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin - dabei, Verfahren zu entwickeln, die zu einer noch besseren Qualität von aufgearbeitetem Altmaterial führen, so dass es der Neuware so gut wie gleich kommt. Eine Versuchsanlage soll bereits im nächsten Jahr entstehen. Wie der DSD-Vorstandsvorsitzende, Wolfram Brück, bei der Vorstellung des Mengenstromnachweises für 1999 sagte, sei es das Ziel, wirklich alle Hürden für Recyclingstoffe zu nehmen. Und dazu gehört eben auch jene hohe des Lebensmittelrechts.

Das DSD hat offenbar noch immer ein schweres Imageproblem, was die Verwertung des recycelten Verpackungsmaterials betrifft: das "Parkbanksyndrom". Dabei gehen in diese "Downcycling"-Schiene gerade einmal 1500 Tonnen der insgesamt rund 610 000 Jahrestonnen, die durch Sortierung und Aufarbeitung gewonnen werden. 180 000 Tonnen Regranulat pro Jahr kommen schon auf den Markt, mit frischem Material so versetzt, dass die hohen Qualitäten der Neuware erhalten bleiben. Das lohnt sich für alle Seiten, denn das wiedergewonnene Altmaterial kostet nur 50 bis 60 Prozent des Preises von neuem Kunststoff.

Um die 160 000 Tonnen Recyclingware jährlich werden von der Wirtschaft direkt in Formteile gespritzt, hier ist die Autoindustrie ein großer Abnehmer. Und 210 000 Tonnen werden in Stahlwerken als Reduktionsmittel für das Eisenoxid verwandt, dabei ersetzt der Kunststoff das sonst nötige Schweröl. Dem generellen "ab in den Hochofen" hat der Gesetzgeber immerhin einen Riegel vorgeschoben, mindestens 60 Prozent des Materials müssen eine werkstoffliche Wiederverwertung finden.

Und etwa 50 000 Tonnen des gesammelten Kunststoffs werden in EU-Länder sowie nach Litauen transportiert. Dabei handele es sich freilich nicht um einen ungesetzlichen Export, im Gegenteil, das DSD sei verpflichtet, einen Bewerber aus dem EU-Raum zu akzeptieren, wenn die Verwertung stimme, betonte Brück. Und dies sei gewährleistet.

Ein weiteres Problem stellen immer noch die "Trittbrettfahrer" dar, denn ans DSD zahlen nicht alle, die tatsächlich Verpackungen einsetzen. Durchschnittlich etwa 25 Prozent der Stoffe, die in den Recyclingbehältern landen, sind nicht "lizensiert". Das sind unter anderem Verpackungen, wie sie an Wurst-, Salat- und Gemüsetheken der Supermärkte ausliegen, aber auch die meisten Hüllen neuer Elektrogeräte zum Beispiel tragen keinen Grünen Punkt, beklagte der DSD-Chef. Die Mengen, um die es gehe, seien nicht unbeträchtlich, der Schaden, den solche "Trittbrettfahrer" insgesamt anrichteten, beziffere sich auf 800 Millionen bis eine Milliarde Mark, hieß es.

Bei Papier, Pappe und Karton sind 879 000 Tonnen über den Grünen Punkt bezahlt, verwertet werden jedoch 1,484 Millionen Tonnen. Bei den Kunststoffen sind 565 000 Tonnen "legal", 610 000 Tonnen jedoch wurden verwertet. Und beim Weißblech liegt das Verhältnis bei knapp 307 000 zu 322 314 Tonnen.

Generell stellt das DSD den Bürgern freilich ein insgesamt gutes Zeugnis aus, die Menge des gesammelten Materials betrug im vergangenen Jahr 5,7 Millionen Tonnen. Mehr als 600 000 Tonnen dabei sind allerdings Fehlwürfe - je größer die Wohndichte des Gebiets, desto höher ist meist auch die Verunreinigungsrate der Wertstoffe. Die von der novellierten Verpackungsverordnung vorgeschriebenen Verwertungsquoten konnten - bis auf Weißblech - eingehalten werden.

Beim Blech geht es vorwiegend um Getränkedosen und um die nach wie vor offene Frage, wie die Mehrwegquote gestärkt werden könnte. Sie ist bereits unter die einst festgelegte 72-Prozent-Marke gerutscht oder - je nach Rechenansatz - steht kurz davor. Angesichts des steigenden Einwegtrends soll nun, wie berichtet, ein Zwangspfand eingeführt werden. Aber davon sind nicht alle Beteiligten überzeugt. Denn das hätte nicht nur erhebliche Erschwernisse für den Handel zur Folge, es könnte auch das Verbraucherverhalten beschleunigt in Richtung Einweg drücken, wenn vom Pfand her alle Unterschiede verwischen. Denn dann dürfte das letzte bisschen schlechtes Gewissen, das heute noch zu Gunsten der Mehrwegflasche wirkt, völlig verloren gehen.

Hinzu kommen Preisunterschiede, so wird Bier in Dosen meist billiger angeboten als in Mehrwegflaschen. Also eine Steuer auf Einweg-Getränkeverpackungen? Das haben andere zu entscheiden, sagt Brück, aber seiner ganz privaten Meinung nach wäre das noch die einfachere Lösung. Freilich passt eine Diskussion über eine solche Steuer nun gar nicht in die gesellschaftliche Landschaft.

Für den Fall einer Pfandregelung hat das DSD allerdings schon mal 230 Millionen Mark in die Rücklagen gestellt. Denn die Mengen in den Sammelgefäßen verringern sich dann zwar, doch die Fixkosten bleiben. Und variabel sind nur 40 Prozent der entstehenden Kosten des Dualen Systems.

Berichtigung

Das Duale System hat auch für Weißblech die Anforderungen der Verpackungsverordnung erreicht. Im Bericht über den Mengenstromnachweis (Umweltseite der vergangenen Woche) ist es aufgrund gesunkener Verwertungsmengen für Metallverpackungen (1998: 375.000 Tonnen, 1999: 322.000 Tonnen) zu einer falschen Interpretation gekommen.

Gideon Heimann

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