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Gesundheit: Rückschlag für die Früherkennung von Prostatakrebs

PSA-Bluttest kann nach einer amerikanischen Studie das Überleben nicht verlängern

Prostatakrebs ist der einzige häufige Tumor, den man mit einem einfachen Bluttest nachweisen kann. Dabei spürt man ein Eiweiß auf, das aus der Prostata stammt und im Blut kreist, mit Namen Prostata-spezifisches Antigen (PSA). Ob sich der PSA-Test zur Früherkennung als Suchmethode eignet, ist jedoch umstritten. Nun hat eine amerikanische Studie ergeben, dass Männer, die den PSA-Test zur Früherkennung nutzen, davon keinen Überlebensvorteil haben. Auch die Abtastung der Prostata über den Enddarm erwies sich als nutzlos.

John Concato von der Yale-Universität in New Haven verglich zusammen mit seinen Mitarbeitern, ob Männer, die an Prostatakrebs gestorben waren, seltener den PSA-Test gemacht hatten als Männer, die nicht Opfer der Krankheit geworden waren. Wenn die Früherkennungsuntersuchung Überleben verlängere, dann müsse sich im Umkehrschluss zeigen, dass spätere Prostatakrebs-Todesopfer seltener bei der Früherkennung gewesen seien, lautete die Hypothese. Aber es gab keinen Unterschied. Die rund 500 Männer mit tödlichem Prostatakrebs und die Männer aus der Vergleichsgruppe waren gleich häufig beim PSA-Test gewesen, berichten die Forscher im Fachblatt „Archives of Internal Medicine“. Aus der einen Gruppe waren 13, aus der anderen 14 Prozent zur Früherkennung gegangen – also praktisch kein Unterschied.

„Manchmal findet man mit einem Suchtest Krebs, sogar in einem frühen Stadium, aber das verlängert das Überleben nicht“, sagt der Studienleiter John Concato. „Man sollte den Mann ab 50 besser darüber informieren, wie wenig wirksam der PSA-Test ist, statt ihn zu ermutigen, sich jedes Jahr testen zu lassen.“

Viele seiner Kollegen dürften anderer Ansicht als Concato sein. Denn in den USA gehen die Meinungen in den Fachgesellschaften über Sinn und Unsinn des PSA-Tests auseinander. In Deutschland bezahlen die Krankenkassen lediglich die Tastuntersuchung aus (vom 45. Lebensjahr an). Für die Bestimmung des PSA- Werts muss der Patient aufkommen.

Das gilt nur für die Früherkennung bei beschwerdefreien Männern. Gibt es Indizien für Prostatakrebs, etwa Blut im Urin oder Probleme beim Wasserlassen, muss der Test nicht bezahlt werden und erhält ein ganz anderes Gewicht, denn dann handelt es sich nicht mehr um Früherkennung bei „äußerlich Gesunden“.

Etliche Fallstricke machen Früherkennung und Behandlung von Prostatakrebs zu einem schwierigen Problem:

– Der PSA-Test schlägt nicht selten falschen Alarm. Er kann zum Beispiel auch bei gutartigen Prostatavergrößerungen oder bei Entzündungen erhöht sein. Menschen werden also nicht selten unnötig in Krebsangst versetzt, und häufig kommt es zu belastenden Folgeuntersuchungen.

– Prostatakrebs tritt in vielen verschiedenen Varianten auf, vom rasch wuchernden „Raubtierkrebs“ bis zu einem langsam wachsenden „Haustierkrebs“. Der Test kann sie nicht unterscheiden. So wird bei Männern Prostatakrebs festgestellt, bei denen dieser zu Lebzeiten vielleicht nie eine Rolle gespielt hätte. In den USA hat sich durch den PSA-Test die Häufigkeit von Prostatakrebs scheinbar fast verdoppelt. War es vor der PSA-Ära jeder zehnte Mann, der sich mit der Diagose Prostatakrebs auseinandersetzen musste, sind es heute 18 Prozent.

– Die Behandlung von Prostatakrebs hat erhebliche Nebenwirkungen. Bei einer Operation oder Bestrahlung der tief im Unterbauch gelegenen Drüse treten häufig Inkontinenz (Probleme, das Wasser zu halten) und Impotenz auf. Diese Operationsfolgen haben umso größeres Gewicht, als es nicht immer leicht zu entscheiden ist, ob die Geschwulst in der Prostata noch ein „Haustier“ oder schon ein „Raubtier“ auf dem Sprung ist. Es besteht also die Gefahr der „Übertherapie“.

– Der PSA-Suchtest hat die Erkrankungszahlen scheinbar hochschnellen lassen. Bei mehr als 30 000 Männern wird in Deutschland jedes Jahr Prostatakrebs festgestellt, damit ist es die häufigste Krebsart beim Mann. Bei den Krebs-Todesursachen rangiert er mit 11600 Toten (1999) erst an dritter Stelle nach Lungen- und Darmkrebs. Das Todesalter für Prostatakrebs liegt bei 78 Jahren. Der Tumor befällt also vor allem Ältere. Misst man die Zahl der verlorenen Lebensjahre, so liegt er daher unter den Krebsarten nur an 21. Stelle, wie eine US-Erhebung ergab. Erst der Test habe Prostatakrebs für die Öffentlichkeit zum drängenden Gesundheitsproblem gemacht, spottete der britische Urologe Peter Whelan vom St. James’s Hospital in Leeds.

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