Gesundheit: Schlauer Rico

„Rico, bring den Schlumpf“, sagt Susanne Baus. Rico schaut auf die etwa 20 auf dem Boden zerstreuten Kuscheltiere. Zielsicher greift der neuneinhalbjährige Border-Collie nach dem blauen Männchen mit der roten Mütze und bringt es unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen zu seinem Frauchen.

Was ist Besonderes daran, wenn ein Hund einen Schlumpf erkennt?, könnte man denken. „Rico kann sich bis zu 220 Gegenstände merken“, sagt Julia Fischer vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Juliane Kaminski hat sie drei Jahre lang Ricos geistige Fähigkeiten untersucht. „Hunde sind in der Lage, die Bedeutung unbekannter Worte zu erraten und sich zu merken“, schreiben die Biologinnen im Fachmagazin „Science“ (Band 304, Seite 1682). Auf einer Pressekonferenz in Berlin unterstrich Rico jetzt dieses Fazit nachdrücklich.

Aufmerksam auf den klugen Hund wurden die Forscherinnen, als er 1999 Wettkönig bei „Wetten, dass“ wurde. „Wir wollten klären, ob Rico nicht auf versteckte Gesten reagiert“, sagt Fischer. Der Hund widerlegte alle Zweifel. Ohne den Befehlsgeber zu sehen, fand er in 37 von 40 Fällen den richtigen Gegenstand. Über solches Vokabular verfügen auch trainierte Affen, Delfine oder Papageien.

Überraschend war allerdings die Lernfähigkeit des Hundes, als ihm unter acht Spielzeugen ein bisher unbekanntes präsentiert wurde. In sieben von zehn Fällen traf er die richtige Wahl, indem er von dem genannten, fremden Wort auf den unbekannten Gegenstand schloss. Selbst vier Wochen später konnte sich Rico noch an einige der neuen Vokabeln erinnern.

„Das entspricht der Trefferquote dreijähriger Kinder", sagt Fischer. Die Hirnstrukturen, die für solches Lernvermögen notwendig seien, beschränkten sich demnach nicht auf den Menschen. Sie könnten vielmehr die evolutionäre Basis sein, aus der sich die Sprachfähigkeit entwickelt hat, die ein Monopol des Menschen ist. Denn bei aller Schlauheit: Sprechen kann Rico nicht.

Paul Janositz