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Gesundheit: Schneller lesen mit den neuen Regeln

Die Rechtschreibreform ist ein voller Erfolg – zumindest, wenn es um das Lesen von Texten geht. Das besagt eine Studie von Psychologen der Berliner Freien Universität.

Die Rechtschreibreform ist ein voller Erfolg – zumindest, wenn es um das Lesen von Texten geht. Das besagt eine Studie von Psychologen der Berliner Freien Universität. Sie testeten bei 39 Kindern und 42 Erwachsenen, ob sich die Lesegeschwindigkeit bei Texten in der neuen und der alten Rechtschreibung unterscheidet. Das Ergebnis: Bei fast allen untersuchten Regeln kamen die Leser mit den neuen Schreibweisen besser oder gleich gut zurecht – und zwar Kinder, die nur die neuen Regeln gelernt haben, ebenso wie Erwachsene, die mit der alten Rechtschreibung aufgewachsen sind. „Unsere Befunde sprechen für die Beibehaltung und konsequente Umsetzung der Reform“, sagt der Psychologe Arthur Jacobs, der die Studie leitete.

Für die Studie setzten die Forscher ihre Probanden in ein Blickbewegungslabor. Eine Infrarotkamera zeichnete die Augenbewegungen auf. Da die Augen beim Lesen nicht kontinuierlich über die Buchstaben laufen, sondern springen, konnten die Wissenschaftler leicht erkennen, bei welchen Worten der Lesefluss hakt. Die neue sLautschreibung (Kuss statt Kuß) erleichtert demnach Kindern und Erwachsenen das Lesen ebenso wie die Schreibung nach dem Stammprinzip (Stängel statt Stengel). Auch die von Reformgegnern viel geschmähten Kängurus und Panter halten das Auge weniger auf als die alten Känguruhs und Panther.

Unterschiede gibt es bei der Getrennt- und Zusammenschreibung: Kinder kommen mit den neuen Regeln gut zurecht, Erwachsene nicht. Schwierigkeiten bereitet allein die neue Regel, wonach drei Konsonanten aufeinander folgen können. Bei der Balletttänzerin sind Erwachsene und Schüler irritierter als bei der Ballettänzerin – obwohl Kinder nur die neue Regel gelernt haben. Bei der Groß- und Kleinschreibung stellen die Forscher keine Unterschiede fest.

Eine Sitzung des Kulturausschuss des Bundestages ergab unterdessen, dass Kulturpolitiker aller Parteien es gerne sehen würden, die gesamte Reform erst ein Jahr später für Schulen und Behörden verbindlich zu machen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte kürzlich beschlossen, die unumstrittenen Teile zum 1. August verbindlich zu machen.

Hans Zehetmair, der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung, sagte dem Ausschuss, die KMK hätte das Datum „festgezimmert“. „Aber die Alternative, das Ganze ein Jahr auszusetzen, ist noch nicht ganz vom Tisch“, sagte Zehetmair überraschend. Die KMK dementierte auf Anfrage. „Der Beschluss steht“, sagte Generalsekretär Erich Thies dem Tagesspiegel. tiw/-ry

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