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Gesundheit: Schützenfische – besser als Ballack

Wie die Tiere ihre Beute mit einem gezielten Wasserstrahl fangen

Wie berechnet Michael Ballack nach einem weiten Abschlag von Oliver Kahn die Flugbahn des Balles? Die einfache Antwort: Er verfolgt möglichst bis zum Schluss die Flugbahn des Balles mit den Augen. Dabei korrigiert er ständig seine Laufrichtung – er ist nämlich, wie jeder Mensch, nicht in der Lage, den Aufprallpunkt des Balles präzise vorauszuberechnen. Immerhin, auch sein Gegenspieler Ballack ist dazu nicht in der Lage.

Schade, dass Ballack nicht das Sehvermögen eines Schützenfisches hat: er wäre mit Sicherheit immer Sieger im Kopfballduell. Schützenfische können nämlich die Flugbahn von Objekten innerhalb von Sekundenbruchteilen präzise vorausberechnen, und anders als der Mensch müssen sie das fliegende Objekt nicht mit den Augen verfolgen, um es zielsicher zu erreichen. Das hat der Biologe Stefan Schuster von der Universität Freiburg herausgefunden.

Schützenfische ernähren sich von Insekten, die sie mit einem gezielten Wasserstrahl von Ästen oder Blättern, die über das Wasser ragen, abschießen. Dabei treffen die Fische noch auf Entfernungen von über einem Meter genau ihr Ziel. Und das, obwohl ihnen beim Visieren der Beute die Lichtbrechung der Wasseroberfläche einen Streich spielt. Jeder, der schon einmal getaucht ist, kennt das Phänomen: Gegenstände oder Personen in der Luft scheinen von Unterwasser aus gesehen nicht an dem Ort zu sein, an dem sie sich tatsächlich befinden.

Doch die Schützenfische lassen sich nicht täuschen: Sie berechnen die Lichtbrechung in ihre Schussrichtung mit ein. Einzig die Stärke des Wasserstrahls können sie nicht verändern. Die Folge: Das Beuteinsekt wird mit voller Wucht abgeschossen und fliegt bisweilen in hohem Bogen ins Wasser. Dann kann sich der Schuss zu einem ausarten, der nach hinten losgeht: Ein Schützenfisch ist selten allein, und die hungrigen Artgenossen machen sich ohne jeden Skrupel über die ins Wasser gefallene fremde Beute her, sofern sie als Erste zur Stelle sind.

Schuster fand heraus, dass Schützenfische den Ort, an dem das getroffene Insekt ins Wasser fallen wird, innerhalb der ersten Zehntelsekunde des Fluges berechnen können. Lange bevor das Insekt ins Wasser fällt, hat der Schütze seinen Körper in die entsprechende Richtung gedreht und schwimmt los. Wie die Berechnung der Flugbahn funktioniert, kann Schuster noch nicht genau sagen, aber anscheinend reichen den Fischen wenige Anhaltspunkte der anfänglichen Flugbahn aus. Dumm für den erfolgreichen Jäger ist nur, dass alle Schützenfische über das gleiche präzise Sehvermögen verfügen. So ist in der Regel einfach derjenige Fisch Sieger im Wettlauf um die Beute, der dem Aufschlagspunkt am nächsten ist. Das wäre dann wohl etwas, dass Michael Ballack seinen Gegenspielern im Kampf um einen Kopfball meistens voraus hat.

Erik Schmolz

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