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Gesundheit: Senioren für Studenten

Von George Turner, Wissenschaftssenator a. D.

Für das nächste Jahrzehnt wird ein Anstieg der Studierendenzahlen von derzeitig knapp zwei auf 2,7 Millionen erwartet. Gründe sind geburtenstarke Jahrgänge und die Verkürzung der Schulzeit mit zwei Abijahrgängen in einem Jahr. Bund und Länder haben einen Hochschulpakt geschlossen, wonach zusätzliche Studienplätze finanziert werden. Stimmen die Vorhersagen, wird das Geld nicht ausreichen. Gefragt sind weitere Lösungen.

Da wäre an eine Weiterbeschäftigung von Hochschulangehörigen über die Pensionsgrenze hinaus zu denken. Auch wenn die Gesamtzahl der Studierenden im nächsten Jahrzehnt tatsächlich erheblich ansteigt, wird dies doch nur eine temporäre Erscheinung sein. Wegen der danach einsetzenden geburtenschwachen Jahrgänge wird es ab etwa 2020 zu einem deutlich spürbaren Rückgang kommen. Es muss also ein Studierendenstrom überbrückt, nicht ein Studentenberg untertunnelt werden. Das nämlich hat man vor rund 30 Jahren versucht, indem man meinte, den Hochschulen eine Überlast auf Zeit zumuten zu können. Das Ergebnis waren zum Teil völlig überfüllte Studiengänge, mit der Folge verlängerter Studienzeiten und hoher Abbrecherquoten.

Die Überbrückung könnte so aussehen, dass zur Pensionierung anstehende Hochschulangehörige für einige Jahre weiter beschäftigt werden. Voraussetzung wäre einmal ein Bedarf, zum anderen die Bereitschaft der Betroffenen und die Zustimmung der zuständigen Hochschulgremien, so wie das bei einer Neubesetzung der Fall ist. Es könnte also niemand gezwungen werden, länger zu arbeiten; es könnte aber auch niemand gegen den Willen der für Forschung und Lehre Verantwortlichen eine Position besetzt halten.

Dies wäre ein Gegenstück zum sogenannten Fiebiger-Plan, genannt nach seinem Initiator, dem früheren Präsidenten der Universität Erlangen-Nürnberg. Das war ein Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch vorübergehende Einstellung zusätzlicher Professoren, um die ansteigenden Studierendenzahlen zu bewältigen und zur Beseitigung der verzerrten Altersstruktur. Im Ergebnis bedeutete dies, dass auf Zeit Parallelprofessuren bestanden.

Exakt dies kann man auch für die Zukunft vorsehen. Nur werden dann keine neuen Stellen eingerichtet. Vielmehr wird die durch Pensionierung frei werdende neu besetzt und bisherige Stelleninhaber werden auf Zeit weiter beschäftigt. Und da das Kind einen Namen braucht: Wie wäre es, soweit Hochschullehrer betroffen sind – als Gegenstück zur Juniorprofessur – mit der Seniorprofessur?

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: g.turner@tagesspiegel.de

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