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Gesundheit: Stark in der Forschung, teuer in der Lehre

Berliner Universitäten liegen gut im norddeutschen Vergleich. Sorgen bereiten noch die vielen Abbrecher und eine lange Studienzeit

Die Berliner Universitäten werben so viel Geld ein wie keine andere Hochschule in Norddeutschland. Aber sie geben mehr als alle anderen für die Lehre aus – und noch immer etwas mehr für das Personal. Das ist das Ergebnis des neuesten Kosten- und Leistungsvergleichs unter den Hochschulen der norddeutschen Länder, die Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) jetzt vorstellte. Neben Berlin waren Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt beteiligt.

Demnach hat Berlin seine große Stärke in der Forschung. In so gut wie allen Fächern haben Berlins Wissenschaftler mehr Drittmittel erhalten als die Forscher aller anderen norddeutschen Hochschulen. Flierl ermunterte die Humboldt-, Freie und Technische Universität, im Exzellenzwettbewerb mit möglichst vielen Forschungsclustern anzutreten. Berlin werde die Gegenfinanzierung in Höhe von 25 Prozent gewährleisten.

Durchschnittlich hat der Berliner Professor 114 000 Euro an Drittmitteln gesammelt – der Durchschnitt der norddeutschen Länder liegt bei 100000 Euro. HU, TU und FU können sogar darauf verweisen, dass sie heute mit weniger Professoren 14 Prozent mehr Drittmittel als im Jahr 2000 eingeworben haben.

Eine Ausnahme sind die Ingenieure der Technischen Universität. Zwar erzielen sie wie auch Mediziner und Naturwissenschaftler sehr viel mehr Drittmittel als Wirtschaftswissenschaftler oder Juristen: 227000 Euro im Schnitt. Damit liegen sie aber unter dem Wert in Norddeutschland, der bei 251000 Euro liegt. Eine Erklärung dafür ist der Aderlass an älteren Leistungsträgern der TU. Sie sind als Sprecher von Sonderforschungsbereichen in den Ruhestand gegangen. Statt acht hat die TU nur noch drei Sonderforschungsbereiche. Die Nachwuchsingenieure müssen sich erst etablieren.

Noch immer geben die Berliner allerdings mehr Geld beim Hochschulpersonal aus als die anderen norddeutschen Unis. Die Ausgaben haben sich im Vergleich zu den letzten Jahren aufgrund der enormen Sparauflagen der Politiker in Berlin aber deutlich reduziert. Jetzt übertrifft Berlin in der Ausstattung einer Professur die anderen norddeutschen Universitäten nur noch geringfügig.

Quer durch alle Fächer ist in Berlin eine Professur mit 2,1 Assistentenstellen und 1,9 Stellen für sonstiges Personal ausgestattet. Der Durchschnitt aller norddeutschen Länder liegt bei 1,9 Assistentenstellen pro Professor und 1,7 Stellen für sonstiges Personal. Inwischen leisten sich Schleswig Holstein, Bremen und neuerdings auch Sachsen-Anhalt mehr Stellen.

Natürlich wird in den Sprach- und Kulturwissenschaften weniger Personal benötigt als in den Naturwissenschaften mit ihren Labors und den Ingenieurwissenschaften mit ihren großen Werkstätten.

In den Naturwissenschaften liegt die Berliner Ausstattung bei 2,3 Assistentenstellen und 2,5 Stellen für die Gerätebetreuer. Damit liegt Berlin leicht über dem Durchschnitt, aber nicht mehr an der Spitze. In den Ingenieurwissenschaften ist Berlin mit 2,7 Assistentenstellen pro Professor genau auf den norddeutschen Durchschnitt gekommen. Nur beim technischen Personal übertrifft es mit 3,7 Stellen den Durchschnitt (3,2). Aber Sachsen-Anhalt liegt in der Ausstattung noch über Berlin.

Die Berliner Unis könnten sich mit diesen Ergebnissen einige Argumente gegen weitere Sparwünsche der Politik verschaffen. So hatte Finanzsenator Thilo Sarrazin auf Grund der Vergleichsdaten des Jahres 2000 radikale Einsparungen für die Berliner Universitäten gefordert. Im damaligen Vergleich war Sarrazin zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ausstattung der Berliner Professoren viel zu teuer sei. Mit über 434000 Euro Gesamtkosten für eine Professur im Jahr lag Berlin damals deutlich über dem Durchschnitt.

Wissenschaftssenator Flierl bedauerte, dass sich die süddeutschen Universitäten einem Kosten- und Leistungsvergleich entziehen. Schon während der Spardebatte im Jahr 2002 hatten die Berliner Universitätspräsidenten darauf hingewiesen, dass die wahren Konkurrenten der Berliner Universitäten nicht in Norddeutschland liegen, sondern vor allem in Bayern und Baden-Württemberg. Das hat die Debatte um Eliteuniversitäten ebenso gezeigt wie das Ranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Die süddeutschen Universitäten sind heute besser ausgestattet als die Berliner Hochschulen. Besonders bei den Technischen Universitäten ist ein Vergleich allein der norddeutschen Unis unangebracht: Es gibt zu wenige – und die stehen auch nicht an der Spitze der technischen Unis in Deutschland. Zum Vergleich: Die führenden technischen Universitäten in Aachen, Baden-Württemberg und München kommen auf eine Ausstattung mit zehn Fachleuten je Lehrstuhl: zwei Professoren, vier wissenschaftliche Mitarbeiter und vier Personalkräfte. Die Berliner TU ist im Vergleich damit sogar unterausgestattet. An den technischen Spitzen-Unis in Deutschland kostet ein Lehrstuhl pro Jahr zwischen 700000 und einer Million Euro.

Ein Problem bleibt die Lehre in Berlin. Seit Jahren treiben die vielen Langzeitstudenten und die hohen Abbrecherquoten die Kosten in die Höhe. Denn in den Kostenvergleich fließen die erfolgreichen Absolventen ein, die in der Regelstudienzeit ihr Examen machen. Aber auch in der Lehre zeigt der norddeutsche Vergleich leichte Verbesserungen.

Im Durchschnitt aller norddeutschen Unis kostet ein Student bis zum Examen 26 000 Euro. In Berlin liegt dieser Wert bei durchschnittlich 29000 Euro, an der TU sogar bei 31000 Euro. Diese hohen Kosten sind eine Folge der „schlechten und zudem unterdurchschnittlichen Studienerfolgsquoten“, stellt die Studie fest.

An den norddeutschen Unis erreichten 2003 rund 45 Prozent der Studenten das Examen, an den Berliner Universitäten nur 40 Prozent. Die TU hat die niedrigste Erfolgsquote von nur 34 Prozent, die FU die höchste mit 42 Prozent vor der HU mit 40 Prozent. Es ist jedoch bekannt, dass viele Studenten nur für einige Semester an die Berliner Universitäten kommen, um dann in einer anderen Hochschulstadt das Examen zu machen.

Uwe Schlicht

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